Capitel 9. Wie ich von Wettingen hinweg und gen Eusserstal geschickt worden.

Also bin ich zwar mit Brieffen als mit offnen Patenten und auch beschlossnen Missiven versehen worden, wer mir aber auch den Zeerpfenning für einen solchen weiten Weg (dan ich Kriegsvolker halber weit umbgehen muest) geben wolt, wie ich dan über 50 Meilen durch ganz Schwaben und Wirtembergerlandt hatt müessen? Entlich mueste der Prälat abermalen Gelt entlehen und gab mir drey einige Güldelin. Mit disem so geringen Pfenning zog ich von Wettingen aus auff Einsidlen zu, daselbsten mich und mein Rays Gott und seiner werthen Muetter zu befehlen. Ich zog aber ganz allein hinweg und trug mein Ranzen selbsten, hatte auch kein Mantel, sunder nur ein schlecht dünn Röcklin an.

Es haben aber meine Dimissoriales folgendter Gstalt gelautet:

Nos F. Christophorus divina permissione Mñri Maristellae vulgo Wettingen Cist. Ord. Lectori salutem.

Notum facimus, harum exhibitorem R. P. J. Conradum Burger Mñri B. V. de Porta Coeli, alias Thennenbach dicti Cist. Ord. Constant. dioec. professum ac Sacerdotem, per graves calamitates dicto suo Mñrio illatas ac Superiorum voluntate longiori tempore in nostro Mñrio vixisse eoque spatio religiose sese habendo ita nobis satisfecisse, ut omnino contenti merito gratum, carumque habuerimus. Is quoniam corundem Superiorum suorum dispositione alio commigrat, omnibus ad quos illum pervenire contigerit, testatum simulque eo nomine bene commendatum cupimus.

Actum Maristellae, die 22. Junij a. 1638. F. Christophorus Abbas.

Von meinem eigenen Prälaten aber waren dise zwehen nachfolgendte, und zwar beede dahingestellt, dieweilen es ungewiß war, ob etwas mit dem Closter Eußerstal draus werde; als seind sie gericht gewesen, daß ich mich anderwerts underlassen könne, wo ich wolle und köndte.

F. Bernardus humilis Abbas Mñrii B.V. de Porta Coeli Ord. Cist. dioec. Const. Omnibus hasce visuris salutem in Dno sempiternam.

Militaribus flammis necdum sedatis, experientia propria didicimus, quam verum illud sit, novissima hominis afflicti pejora esse prioribus. Cum enim ita crescat et recrudescat in dies furor Suecicus, ut proprios non tantum lares, verum etiam propria pignora procul inde expellat patriamque verrere jubeat. Iterum coacti aliquos ex nostris dimittere, hune Nobis dilectum in Cho filium nostrum fratrem Conradum Burger Sacerdotem Mñrii nostri praedicti expresse professum, meliori quo possumus modo commendamus. Illud Vos admonentes, ut quoniam ad aeterna tabernacula aspiratis, amicos Vobis, qui aliquando et Vos recipiant, ope et misericordia nostra faciatis, quo pacto et Deum et Nos debitores habebitis, in cujus rei fidem luculentiorem hasce praesentes eidem concedere manuque nostra ac sigillo munire voluimus.

Actum Maristellae Helvetiorum a. 1638. 22. Junij. F. Bernardus Abbas.

Der ander lautet also:

Illustrissimis ac Reverendissimis Dnis Dnis Archiepiscopis, Episcopis, Praelatis ac eorum Rv. Dnis Vicariis cujuscunque Dioecesis.

F. Bern. Humilis Abbas Portae Coeli vulgo Then. Ord. Cist. Dioec. Const. salutem et honorem.

Notum facimus omnibus, in quorum manus praesentes devenerint, quod crudeli bellorum furia eousque divexati simus, ut non modo proprio monasterio omnique possessioni tergum vertere, verum etiam, quod durius, carissima Religionis pignora magno cum cordis dolore in diversas mundi partes dimittere coacti fuerimus, et ita quidem, ut nulla fere spes supersit, aut illuc aliquando remeandi aut illa revocandi. Cum itaque caetera coenobia, ab hisce libera fere ubique exulibus scateant, vix locus relinquatur, naturalis autem lex requirat uti parentes filiis provideant eosque foveant. Indo est, quod nos paterna solicitudine tacti, etiam huic dilecto Nro in Cho Filio, Patri J. Conrado Burger, sacerdoti Mñrii nostri praedicti expresse professo meliori quo potuimus modo providere voluerimus. Damus itaque et concedimus ei plenam ex nostra parte licentiam, se pro cura animarum praesentandi, respondendi, illam suscipiendi, etin parochia, capellania, aut alias (dummodo legitime et secundum Ecclesiae leges id fiat) administrandi, ubicunque ex occasione ipsius fuerit. Hoc propriae manus subscriptione et sigilli nostri impressione testatum volumus.

Datum Maristellae, 22. Junij a. 1638. F. Bernardus Abbas.

Nach empfangnen disen Brieffen und gewohnlicher Benediction hab ich die weite, schwere und gfährliche Rais angefangen, wie schon hie vornen gemeldet worden. Und obwohlen zwar mein erster Intent ins Reich zu raisen nit anderst gemeint gewesen, als allein in die under Pfalz ins Closter Eußerstal, so hatt sie sich doch hernach, vilen einfallendten Kriegs-ungelegenheiten halber vil hundert Meilen Wegs hin und wider erstreckt, wie weiters hernach erklärt wird werden.

Wie ich derohalben aller Menschen Hilff los von Wettingen also allein mit meinem Ranzelin, darin ein Par Hembder und etlich Fazenetlin und Kräglin gewesen, abgezogen, gab mir der güetige Gott (als der die seinige, welche in der Ghorsame raisen oder wandeln, nie verlast) nur etwan anderthalb Stundt weit von Wettingen schon ein gueten Gehilfen und Weggferten. Dan ungefer nit weit vom Clösterlin Fahr, darin Frauen Benedictiner Ordens, bekam mir ein Soldat in Stifel und Sporen mit zwo Pistolen under den Armen tragendt daher gehen. Und mit ihm ein schöner Bub mit goldgelben Har, wohlgekleit und mit schöner Liverey grüener Farb, als doppelt auff dem Kittel und Hosen bekrembt. Dise zwehen stellt ich zur Red und fragte sie freündtlich, woher sie kämen und wohin sie wolten. Der Soldat gab mir freündtlich Antwort und sagt: er sey guet Catholisch und hab in solchem ungerechten Krieg nimmer dienen mögen; darumb sei er durchgangen und wöll in Italien. Ich fragte ihn, ob dann diser Jung auch mit ihm wöll, woher er sey? Er antwortet: er sey eines Schwedischen Rittmeisters Jung gewesen, und weil er ihn so tyrannisch gehalten, hab er nit mehr können bey ihm bleiben, sunder sey von ihm hinweggeloffen. Er hab ihn auff dem Weg antroffen, und gang eben also mit ihm bis er ein bessere Glegenheit finde. Da sagte ich zu ihm: nun wolan mein Jung, ich hette jetzundt ein solchen Jungen vonnöten, er soll zu mir und mit mir. Er müest guete Sach haben; ich komb an Orth und Endt, wo mir und ihm allzeit wohl werde sein. Er bsind sich und gab mir kein Antwort; der Soldat sprach ihm hefftig zu, er soll zu mir und mit mir. Endtlich sagte er, er könn nit zu mir und bey mir sein, dan er sey nit Catholisch, sunder lutherisch; er mög nit von seim Glauben abfallen. Da sagte ich hingegen: ich wöll ihn nit ab seim Glauben treiben; er mög meinetwegen glauben, was er wöll. Der Soldat sprach ihm wider und noch hefftiger zu. Da sagt er, wan ich ihn nit von seim Glauben treiben wölle, wölle er mit mir. Ich versprachs ihm in die Hand; da riß er mir den Ranzen gleich von dem Rucken und legt ihn auff den seinen. Also giengen wir mit einander fort und kamen gen Hermetschwill, so bey Bremgarten ein Benedictiner Frauencloster, allwo wir dermaßen vil Ehr und Guet geschehen, daß sich mein Jung fast verwundert und gesagt: wan es vil also mit mir hergehen werde, wöll er gern bey mir sein.

Den anderen Tag kam ich gen Eschenbach, ein Frauencloster unseres Ordens, und blib ein par Tag daselbsten, allwo mir gleichfals vil Guetes geschehen, wie auch hernach zu Rothausen, ebenfals ein Closter unseres Ordens. In allen disen Clösteren setzteten die Costerfrauen dermassen an mein Jungen wegen des Glaubens, daß er auch endtlich erklärt, wan er gen Einsidlen komb, wöll er sich bekeren lassen, welches dan auch geschehen und zwar nit ohne Miracul. Dan als er dem P. Sigismund vom Fürsten (Anm. Fürstabt) übergeben war, drey Tag lang zu unterrichten, wurd er am dritten Tag in der Kürchen in ein Nebenkapellelin ein Stund lang gespert, sich zur Beicht zu bedenken. Da nun die Stundt fast vorüber, giengen ich und der P. Sigmund zu ihme hinein, und fanden ihn schier halber todt, ganz erbleicht und zitterndt. Wir fragten ihn mit Verwunderung, was ihme geschehen were? Er kondt kaum reden und Antwort geben; endtlich sagt er: wan wir ein wenig lenger nit kommen, er hett müessen sterben oder verzweifflen; dan es hab ein Stim unsichtbar ohne Underlaß zu ihme gesagt: thues nit, thues nit, wird nit Catholisch; und als ich mich diser Stim starck widersetzte, ward ich geängstigt, daß mir der Schweiß allerorten herablieff. Da sagten wir, dis seye eine Anfechtung vom Teüfel gewesen, als der es nit gern sehe, daß er sich bekere. Dieweilen er aber so ritterlich gestritten habe, soll er ihn noch vollendts gar überwünden; doch wöllen wir ihn nit zwingen, sunder lassen ihm sein freien Willen. Da sagt er: ey wolan, nun will ich mich ganz und gar ergeben; kombt nur her, ich will beichten. Da gieng der P. Sigmund hinein und hörte ihn zu Beicht und ich gieng in die heilig Capell und rüstete mich zur Hl. Meß. Nach verrichteter Beicht füehrte der P. Sigmund den Jungen zu mir in die Capell zum Altar und befahl dem Brueder: er soll den Knaben allein communizieren lassen, bey diser Meß, wie ich ihn dan auch allein communiziert hab. Also ward er bekert und blieb steiffbstendig, bettete alle Tag fleyssig sein Rosenkrantz, war mir getreu, und hilt mich für sein Vatter und ich ihn für mein Sohn. Er hieß Johannes, sein Zunamen ist mir vergessen. Er war nit weit von Schwäbischem Gmünd daheim.

Von Einsidlen raiste ich auff Rappenschwill, und dan auff Fischingen, ein Benedictiner Mans – Closter, und so fort auff St. Gallen. An disem Ort wollte mir der Fürst ein Pfarrey zu versehen übergeben, dan er sagte: ich könne wegen gar zu großen Kriegsgfaren nirgent im Reich fortkommen. Er wolt mich auch schon pro cura animarum examinieren lassen, aber ich recusierte es und sagte: ich wöll meiner Ghorsame nachkommen; Gott geb, wie es gang.

Zog also auff Constanz zu; daselbsten muest ich 8 Tag lang inhalten, bis ich Träger antreffen kondt, mit welchen ich auff verborgene Weg auff Überlingen kommen köndt, dan gleich über Rhein gieng die feindtliche Parteyen schon starck auff einander. Under dessen besuechte ich die zwey Frauen – Clöster unseres Ordens, Veldbach und Kalckeren, allwo mir in dem ersteren vil, in dem anderen nichts Guets geschehen.

Nach verflossenen acht Tagen gieng ich mit etlichen Trägern von Constanz nach Überlingen, kerte im Salmenschweiler Hoff ein, und gschahe mir Guets darin, wie auch den anderen Tag im Closter Salmenschweil selbsten.

Von Salmenschweil kam ich gen Pfullendorff, von dannen auff Heilig Creütztahl, ein Frauen – Closter unseres Ordens; ruhete 3 Tag darin aus und gschahe mir vil Guets, ausser daß ein abgeschmackter Beichtvatter alldorten und Niemands Freind war. In eim diser drey Tagen (es war Sontag) gieng ich Nachmittag hinder das Closter in ein Wald allein spazieren; under dessen kam unversehens ein starcke Partey fürs Closter, kondten aber nit ins Closter kommen. Aber wan der tieffe Müligraben sie nit verhindert hette, hetten sie mich erdapt, dan sie mich im Wald ersehen gehabt, und gsuecht haben über den Bach zu setzen.

Nachdem ich nun von hl. Creüzthal hinweg, gieng ich auff Rotenburg am Necker zu. Nit gar weit von vorgemeldtem Closter, als ich durch ein grossen Wald gieng, hörte ich Leüth schreyen, als wurden sie ermördet. Bald darauff lieff ein Man daher mit bluetigen Kopff und Huet; diser sagt, ich soll aus dem Weg weichen, und mich ins Gestripp verbergen, dan ich sonst unfehlbar geplündert und übel tractiert werde, wie ichs wohl an ihme sehe. Ich aber gieng mein Weg fort, wich weder auff die linck noch auff die recht Handt, gieng auch nit stercker als zuvor. Was geschieht aber? Gar nit lang stuend es an, da jagte ein Partey, nemblich siben Reitter hinder mir her, umbritten mich und mein Jungen, zogen die Pistolen heraus und sagten: Münch, gib heraus, was du hast; ich antworte unerschrocken und sag: Ihr Herren, was ich geben soll, weiß ich nit. Ich bin ein armer Religios, vertriben aus meim Closter Vaterlandt, und suech wider etwan an einem Ort auffgenommen zu werden; bin auch froh, wann mir ein ehrlicher Mensch ein Stücklin Brot geb. Darauff sie einander ansahen, und etwas mit einander redten und führten mich zwischen ihnen, als hielten sie mich gfangen, mit sich fort, und kamen bald in ein Wirtenberger Stättlin. Ritten dem Würtshaus zu, hießen Essen und Trincken herbringen, und setzten mich zu ihnen hinder den Tisch. Da mueste ich mit ihnen trincken, bis sie alle wohl rauschig waren. Ich wueste underdessen noch gar nit, wie es mir noch weiteres ergehen werde oder ob ich den Wirth bezahlen werde müessen. Endtlich sassen sie wieder auff, namen mich wider zwischen sich, ritten aus der Statt; und da sich der Weg in zwehen Theil theilte, fragteten sie mich, wohin ich jetzundt mein Rais anstellen wölle? Ich antwort auff Rotenburg am Necker; da sagten sie, ich müeß da auff die linck Hand durch disen Wald den Berg hinauff. Ich sagte hinwiderumb, ach ich verirr im Wald, und werd von den Bauren zu todt geschlagen. Da sagten ihrer zwehen, sie wollten mit mir reiten, bis ich nit verirren könne. Das ist zwar geschehen, aber in was Angst ich war, förchtendt, daß sie mich ererst blinderten oder ums Leben bringen möchten. Da wir nun zimblich weit in den Wald hineinkamen und der Weg sich wider theilte, sagten sie, ich müeß nun diesen auff die linck Hand gehen. Ich könne nit mehr verirren und sey ausser Gfahr. Ich wird auch bald in ein grossen Flecken kommen; ich komb auch ietzundt under kein Partey mehr. Dann obwohlen noch drey Partheyen an underschidliche Orten seyen, so seyen doch keine auff diser Straß. Da sie nun wider von mir zuruckreiten wollten, faste ichs Hertz und fragte, was doch die Ursach were, daß sie mir so vil Gnade und Guetes erwisen, daß doch der Soldaten, sunderlich der Partheygänger Gebrauch nit were? Sie antworteten und sagen, die einig Ursach seye, daß ich mein Weg so unerschrocken fortgangen seye, und nit begert zu fliehen, da sie auff mich zu ritten; dann sie gedachten gleich, ich werde nit vil zu verlieren haben; zu dem habe sie auch mein geistlicher Habit etwas abgeschröckt, daß sie mir nichts Leyds haben mögen zu füegen.

Da sie nun hinreiten wolten, sagte ich ihnen groß Lob und Danck, und daß ichs mein leb Tag von Ihnen rüemen wölle. Also entkam ich nit anders als ein Schäfflin aus dem Rachen viler Wölffen; und indem ich darnach fortgieng und aus dem Wald kam, hatte ich den gemeldten Flecken vor den Augen. Er lag in einem tieffen Dobel und war auff der anderen Seiten gegen mir auch ein blutter Berg. Ich und der Buob lieffen ein wenig von der Höhe hinab; die Leüth im Flecken ersahen uns und vermeinten, er were ein Parthey, dann ihnen ohne Zweifel schon Bericht vorkommen gewesen, daß ein Parthey im nechsten Stättlin seye, sie sollen sich vorsehen. Ich aber sahe, daß die Leüt hauffenweis aus dem Flecken auff der anderen Seite den Berg hinauff flohen, welche ich alle sehen kondt. Ich und mein Jung schrien von allen Kräfften, sie sollen halten und nit fliehen; aber sie flohen nur desto stercker. Also da ich hinab in den Flecken kommen, kein einigen Menschen antroffen, daß ich nur den Weg hette können fragen, wohin weiters zu kommen were. Und da ich schier gar aus dem Flecken war, und mich schier gar beim letzten Haus umbsahe, ob ich gar Niemand Fragen köndte, den rechten Weg weiters zu kommen, sihe, da ersah ich ein alt Weib hinderm Haus an einem Eck herfür guggen. Ich rüeffte, sie solle herfür kommen, es seyen keine Soldaten vorhanden, welches sie auch gethan. Also fragte ich den Weg und gieng sicher fort. Ungefehr über ein Stundt kam ich wider zu eim Flecken, dorffte aber nit dadurch, sunder mueste darneben vorüber gehen. Bei disem Ort traff ich ein Prädicanten an, welcher auf dem Feld stuendt und sich umbschaute; blib er stehen, bis ich zu ihm kam. Da ich also zu ihm kommen, redt er mich lateinisch an, und fragt, woher ich kom und wohin ich wöll? Da ich ihm solches gesagt, fragt er, ob ich kein Partey Soldaten innen worden sey? Sagt ich, ja freylich, die Leüt aus dem nechsten Flecken von hier seyen alle aus dem Dorffe den Berg hinauff in die Wäld geloffen, ich getraue wohl, selbige Partey werde auch bald hie sein. Sobald er dise Worten von mir gehört, lieff er in aller Eyl ins Dorff, und stürmbte mit der Glocken; ich aber gieng starck darvon und kam bald zu etlichen Häuseren, allwo ein Schmittin und etliche wirtembergische Bauren mit Rossen darbei waren. Die fragten mich drutzig und sagten, woher ich kom? Ich antwort, da und daher. Da sagt einer, der sein Roß bschlagen ließ, wie ists du bapistischer Münch, wann wir dich da tractierten wie ein bapistischen Ketzer? Ich antwortete darauff und sagte: wann ich euch guet zu Rath were, versorgte ich meine Sachen und Pferdt, dan als ich vor dem nechsten Dorff vorübergieng hörte ich stürmen und sahe die Leuth starck in Angst hin und wider lauffen. Als sie solche hörten, lieff gleich einer da, der ander dort hinaus, und der mich also schelmisch angeredt, setzte sich auff sein Pferd und reit eylendts darvon, obwohlen es noch nit gar beschlagen war. Bin also mit diser List aus ihrer Gfahr entrunnen und noch denselben Tag glücklich gen Rotenburg am Necker angelangt. In disem Ort kerte ich bei den Edlen von Auw ein, bei welchen ich in meiner Jungent bey drey Jhar lang aufferzogen worden, welche mir grosse Liebe erzeigt; und indem ich vermeinte, etlich Tag lang bei ihnen auszuruhen und wir den anderen Tag uns von Rotenburg gen Birlingen in ihr Schloß begeben hatten, sihe, da kam dem Junkher Fritzen von Auw ein groß Paquet Schreiben über die Tafel, worin begriffen, daß der General Götz und General Savelli von dem Herzog von Weimar auffs Haupt geschlagen seye, nemlich zu Wittenweyer beym Rhein. Da war gleich groß Trauren und stuenden wir gleich von der Tafel auff und rüsteten uns alle auff die Flucht. Ich zwar zog Tübingen und Bebenhausen, ein Mans – Closter unseres Ordens zu, so nur ein Stundt von Tübingen gelegen und damalen mit drei oder vier Patribus besetzt gewesen. Ich war kaum ein Tag lang in Closter, da kamen die Flüchtige von allen Straßen Truppenweis daher geloffen.

In Tübingen hab ich im Bebenhausemer Hoff einkert und ist mir mein Jung in ein Fieber gefallen, also daß ich ihn daselbsten hab müessen lassen, welches mir und ihm ein groß Hertzeleyd gewesen, wie er dann bitterlich geweint. Gleichwol habe ich ihm noch ein anderen Herren zuwegen gebracht, eh daß ich ihn verlassen, nemblich den Statt – Commandanten, welcher ein gueter Catholischer Oberster war, und den Jungen also kranck angenommen und versprochen, ihn kranck und gsundt zu behalten.

Nun war ich allein, muest mein Ranzen selbsten tragen, aber es wehrte nur ein Stundt weit, dan Gott schickte mir abermalen gleich unversehens einen Gfehrten zu, nemblich ein Botten von Tübingen, welcher eben mein Weg wolte, nemblich bis gen Wurmbs. Diser trueg mir mein Rantzen, undt er wußte alle Weg.

Von Tübingen bis gen Franckenthal begegneten uns bey Tag und bey Nacht allerley starcke Parteyen von der flichtigen Armee, in den Wälderen, Felderen, Dörfferen und holen Straßen. Und obwohlen wir offt hefftig angesprengt seind worden, auch mit bloßen Dägen, hatt mich doch Gott behüetet, daß weder ich noch der Bott jemalen gar mit Gwalt seind angegriffen worden oder durchsuecht, sunder seind sowohl durch die Grabaten als andere Reitter und Volcker unverletzt durchkommen; allein widerfuehr dem Botten dis Nachfolgendte. Als wir für Franckenthal kommen und ich meine Patenten dem Commandanten hineinschickte umb Verlaubnuß hindurch gelassen zu werden, waren wir zwar eingelassen, aber zu dem Commandanten gefüehrt, welcher ein geborener Spanier war, und inmitten der Statt auff dem Platz stuend und meiner erwartete. Da ich nun zu ihm kam, redt er mich lateinisch an, und fragt mich aus, zuletzt auch den Botten, ob er zu mir ghör? Er antwortet ja; er fragt mich auf lateinisch, ob es wahr were, es gschehe kein Meldung von ihme in meinen Patenten? Ich antwort, er ghör mir anderst nit zu, als daß ich ihn unterwegs angetroffen, und weilen wir ein Weg wanderten, hab er mir den Weg gezeigt und mit den Rantzen getragen; was sunst sein thuen sey, wiß ich nit. Da ließ er ihn durch sein Dollmetscher ernstlich examinieren und sagen, wie er so frech darff sein, und ohne Auffweisung eines Paßzedels in die Vestung zu gehen? Heißt ihn die Brieff herausgeben und ins Stockhaus füehren, mich aber ins Würtshaus gehen und dann weiter wohin ich wöll, namb also mein Rantzer vom Botten ab und gieng ins nechst Würtshaus Mittag zu essen. Wie es nun Weiteres mit dem Botten ergangen, weiß ich nit. Er sagte under anderen, er were von einem Herren von Tübingen gen Wurmbs geschickt wegen eines Erbs.

Nachdeme ich dann zu Mittag gegessen, gieng ich mit meim Rantzer allein fort. Es ist aber zu wissen, daß ich von Tübingen bis gen Hailbrunn nit allein große Gfahrlichkeiten von Soldaten, sunder auch große Hitz und Hunger und Durst hab müessen liden, dann ich nirgent einigen Menschen in den Dörfferen angetroffen als gar todt oder schier gar todt vom Hunger. In einem Fleckin, worin ein schön Schloß und über die 300 Häuser, fand ich ein einig halb todt Weib, welches in vierter Wochen (nach ihrer eignen Bekandtnuß) kein Brodt mehr gesehen, sunder nur sich noch mit Öpflen am Leben erhalten.

In einem Stättlin kehrte ich und mein Bott in einem Würtshaus ein, begehrten Brodt und Wein. Der Würt war auff den Todt kranck, die Würtin stellt uns ein Maß Wein und etliche Öpfel auff und sagte: wan es ihr Leben kosten solte, wüste sie kein Brösemlein Brodt in der ganzen Statt zu bekommen, dan erst gestern haben die Grabaten nit allein alles Brodt, sunder auch die Teig aus der Multen hinweg genommen; und weilen eben damalen ihr Prädicant den sterbenden Wirth versehen, nemblich mit ihrem Nachtmahl, fragte ich die Würthin, dieweilen kein Brösamblein Brodt in der Statt zu finden, mit was dann der Prädicant den Krancken versehe oder im Nachtmahl speise? Antwortet sie und sagt, sie wiß nit, ob er ein Rub oder Öpffelschnitz hab: er sag, in der Noth gelt Alles.

Da ich nun (wie vor gesagt) von Franckenthal hinweg, zog ich auff Phillipsburg zu; da ich alldorten ankommen, fand ich ein Closterfrau von Güntersthal, Frau Franca genant, beym Commandanten. Aus Philipsburg gieng ich mit einer starcken Partey, welche mit Handgranaten auff die Franzosen ausgiengen, auff Germersheim, wohin dan ich gesandt war mit Brieffen wegen des Closters Eußerstal, wie hievornen gesagt worden.

Sobald ich daselbsten glücklich angekommen und meine Brieffe dem Commandanten Ascanio im Schloß überliefert, ließ er mich zu sich kommen und gab mir dise Antwort: es seye zwar nit ohne, es habe die Erzherzogin ein oder zwehn Religiosen von Thennenbach gen Eußerstal zu thuen befohlen, aber mit solcher Condition, daß sie darumb nit absolute Herren und Meister darüber sein sollen, sunder er als Oberamptman werd so wohl die Meisterschaft übers Closter als über die Dorffschaften, welche darzu gehören, behalten, und werd dem Religiosen etwas für sein Auffenthaltung geben, welcher darin wohnen werde. Wan ich derohalben also darin wölle sein, mög ich dahin ziehen; aber er sag mir, daß die Sach also daselbsten beschaffen seye, daß nur ein einiger Man darin, doch wiß er nit, ob er nit villeicht auch schon Hunger storben sey. Auff dises antwortete ich gleich und sagte: auff dise Weis beger ich nit ins Closter. Wan er mirs nit mit allen Gerechtigkeiten übergeben wölle, so müest ich wohl wider fort zihen; warumb ers nit zuvor berichtet habe, so hett ich solche gfährliche Rais und vil Leib und Lebensgfahren nit ausstehen müessen. Da sagt er: wan ich dan nit also darin sein wölle, so mög ich wider hinzihen wohin ich wölle, dan eben diser Ursachen hab er die siben Münch von Lücell mit sampt ihrem Abbt, Doctor Petrus genant, daraus verjagt, dieweilen sie den ganzen Gwalt übers Closter haben wollen.

Da ich dan den anderen Tag wider hinweg wolte, sagte er: wan ich ein Pfarrey versehen wölle, wöll er mir die Pfarrey zu Hagenbach conferieren. Er wöll mir 80 R. an Gelt und 80 Viertel Frucht und etwas Wein geben; und es seyen drey Closterfrauen daselbsten im Schloß, die müest ich Beicht hören, aber kein Tritten soll ich nie dörffen zu ihnen ins Schloß gehn, auch kein Wort mit ihnen außerhalb der Beicht dörffen reden. Ich antwort auff dises: ich wöll mich bis Morgens bedencken; gieng also von ihm hinweg in den Pfarrhoff, worin unser Pater Matthäus Herrmayer Pfarrherr war. Mit disem underredete ich mich und verstuend von Ihm, daß der Commandant gar ein selzamer Man were, und daß es nit guet seye, under seim Gwalt und Regiment zu leben. Darauff ich dan den anderen Tag frih ihm schrifftlich Antwort schickte und under anderem mich seiner Offerten halber bedanckte, weilen ich wohl wisse, daß seinesgleichen Herren gemeinlich reich seyen im Versprechen, aber arm am Halten; ich beger hiemit eine Ersetzung meiner Kösten, und wöll mir anderstwo ein Condition suchen. Er wurd über dis erzürnt und lis mir anzeigen, ich soll mich fort machen, oder er mach mirs auch wie den Lüzleren, welche er mit großem Spott hatt aus seiner Herrschafft verjagt.

Es war damalen P. Matthäus mit Aderlassen verwahrloset, mueste deshalb in einer Bennen (Anm. Wagen mit Brettergestell.) gen Speir gefüehrt werden zum Scherer. Mit disem fuhr ich auch zugleich hinweg und kamen in 3 Stunden dahin und kerten in dem Eußertaler Hoff ein, worin damalen ein Schaffner war, und bliben über Nacht. Den anderen Tag reiste ich weiter fort und kam gen Wormbs; war darin ein Frauenkloster unseres Ordens und blib dorten über Nacht. Von dannen kam ich gen Oppenheimb, und hernach gen Mentz und Eberbach, ein Mans – Closter unseres Ordens fand, darin unser Convers – Bruder Hans Ulrich, welcher von den Schweden gfangen zu Mentz von ihnen ausgerissen und in dis Closter kommen und Koch worden. Ich war zwar in disem Kloster auffgenommen und kondte da verbleiben; nachdem ich aber 12 Tag da gewesen, gfiel es mir nit da zu bleiben etlicher Ursachen halber, sunder zog wider hinweg auff Mentz und Franckfurt.