Capitel 8. Weiterer Verlauff, wie ich wider ins Teütschlandt kommen.

Nach solchem, wie vor gesagt, kam ich widerumb glücklich im Schweitzerlandt zu Altenreiff an, nachdem ich 4 Wochen im Franckreich herumb gezogen und 7 Monat mich darin auffgehalten. Zu Altenreiff hielte ich an, widerumb zu bleiben, und erhielts leichtig; hielt auch wider fast zwey Jhar lang die Abstinenz vom Flaischessen mit ihnen.

Bald hernach gab mir selbiger Prälat auff meine Morimondische Gwaltsbrieff die quatuor minores Ordines. – Den 23. Sept. ließ er mich nacher Wettingen, allwo der Legat Scotus ordinierte, und empfieng auch auff obgemelte Brieff hin den Subdiaconatus Ordo.

Umb dise Zeit geschahe die große Schlacht vor Nördlingen, und wurden die Schwedische von dem König in Ungarn, Ferdinand (hernacher Kaiser der dritte dis Namens genant), und den Spanischen geschlagen und auffs Haupt erlegt, worauff wider große Veränderung im ganzen Römischen Reich geschehen. Dann die Schweden schier aus allen Stätten widerumb vertrieben und selbsten geflohen, wie dann auch zu Freyburg und Offenburg geschehen, also daß die Geistliche aller Orten wider in ihre Clöster heimbzogen.

Es wurden auch die Clöster in Wirtemberg ihren Orden wider restituirt, desgleichen in der Pfalz und anderstwo; es hatte ein Ansehen, als wolte der ganze Krieg der Schweden wider erlöschen. Aber wiewolen sie sich wider weit in Pomeren reteriert gehabt, so haben sie sich doch bald dermaßen wider gesterckt, daß in wenig Jahren sie weiter und ärger eingerissen als jemalen zuvor, von welchem dann ein Mehrers erfolgen wird.

Under dessen doch war das Breysgau und Elsaß wider von allen Feinden erlöst, und begab sich der Abbt Adam aus dem Schweizerlandt wider herab gen Freyburg in der Meynung, wider ein Fueß zum neüen Hausen zu sezen. Namb derentwegen zu Wettingen zwey Tausent Gulden auff, versezte darfür allen unseren Kürchen Schaz an Kölchen, Monstranzen, Silber, übergulten Brustbilderen halb Menschengröße, Abbtstab (daran 7 hundert Francken waren) und dergleichen Sachen noch vil mehr, auff 4 Tausent Gulden werth.

Aber diser Auffnamb nuzte so vil als man dasselbig Gelt also gar in Rhein geworffen, ja es hatt den ganzen Kürchen Schaz sogar hinweg gefressen, daß dem Gottshaus Thennenbach nit mehr so vil darvon zu Theil worden, daß es einem im Aug hett können wehthuen.

In dem 1635 Jhar, den 2. Juni, hab ich zu Lucern vom Legaten Scoto den Ordo Diaconatus empfangen.

In disem Jhar ist Fr. Nivardus Hag, ein junger Profeß, als er sein Muetter zu Thann im Elsaß heimbsuechen wolt, nit weit von Ensisheimb, unter ein Companey Grabaten (Anm. Kroaten) geraten, die ihn auch zum Theil geplündert und also erschröckt, daß er erkrancket, eh daß er ganz gen Thann kommen, und sein Muetter zu ihm auffs Feld hatt müessen abgeholt werden. Und da er sie nur noch grüest, ist er ihr am Arm verschieden; ist bey den Franziskanern daselbsten begraben. Auch ist P. Joannes Meyer zu Stambs in Tyrol im Exilio, wie ich vermein, auch in disem Jhar gestorben.

In disem Jhar war Hochburg noch Margräffisch, wurde aber bloquiert, daß nichts aus und ein kondt, und ist zu disem Endt ein ganze Companey Grabaten lang im Gottshaus Thennenbach gelegen, und eine zu Emmen-dingen, und eine zu Waldtkürch. Zu Thennenbach war Niemand, der ins Closter kerte. Es wurde Alles darin durchgraben und gefunden was vergraben gewesen; auch seind die Orgelpfeiffen von einem Margräfischen Bauren hinweggestolen worden, welcher aber endlich von einer Kaiserischen Partey, da er eben ein Arm voll aus dem Closter trug, vor dem Thor erschossen worden.

Da ich nun zweh Jhar lang mich also zu Altenreiff im Uechtlandt auffgehalten, wolt mir die Abstinenz vom Flaischessen schier zu hart zusetzen, wurd vilen Schwachheiten underworfen; gedachte derohalben von dannen hinweg und gen Freyburg ins Breysgau zu meinem Gnd. Herrn zu zihen, und begerte darauff mein Abscheid, welcher mir auch folgendter Gstalt gegeben worden:

Nos F. Guillelmus Abbas monast. B.M. de Altaripa Ord. Cist. in Helvetia dioeceis Lausanensis, Universis praesentes inspecturis salutem in Dno.

Cum dilectus nobis in Christo Confr. F. J. Conr. Burger, celeberrimi monast. Portae Coeli, alias Thennenbach, St. Ordinis ejusdem expresse Professus et Diaconus, a Nobis discessurus et ad propriam domum reversurus, certas ob vitae Nobiscum actae testimonium petiisset, justae ejus petitioni acquiescere cupientes hasce ei concessimus, quibus bona fide testamur: triennio in hoc coenobio inter religiosos pacifice conversatum et cum religiosis observantiis motum integritatem, pietatem, et promptam erga Superiodes obedientiam conjunxisse et vitam religioso dignam semper duxisse, et ideo et Nobis, et ipsis pergratum fuisse. Quare eum ob praedicta omnibus et singulis, ad quos transeundo pervenerit, commendatum volumus et optamus. In quorum omnium fidem, praesentes nostra manu et sigillo munivimus.

Datae Altamripam. 3. Maij a. 1636. Guillelmus Abbas.

Also begab ich mich von dannen hinweg und zog auff Freyburg ins Breysgau zu, allwo ich zwar glücklich ankommen, fand aber den Prälaten nur selbander in großer Armut; darumb kondt er mich nit bey sich behalten, sunder schickte mich wider mit einem Recommendationbrieff gen Wettingen, allwo auch damalen P. Robert Eisenring noch war. Daselbsten war selbiger Zeit Abbt Chrystophorus, ein getreuherziger Herr gegen den Exulanten; diser namb mich guetwillig wider in sein Convent auff, obwohlen er sunst noch vil Vertribene von Salmenschweil, Lücell und anderen Orten mehr hatte.

Umb dise Zeit war unser Prior P. Joannes Schleher Caplan zu Klingnau; P. Simon Weyer, Beichtvatter zu Friedenweiler; G. Bernard Stolz, Amptherr zu Kiechlinspergen; P. Martinus Schmaus noch zu Güntersthal Beichtvatter; P. Jacobus Behweiler zu St. Urban; P. Benedict Leuthin zu Underwaden Caplan; P. Gottfrid Bolt, Beichtvatter zu Wunnenthal.

In disem Jhar ist Hochburg gar hart gedrengt worden mit Aushüngeren, also daß es sich endtlich mit Accord ergeben, weilen die Belägerten kein Succurs zu verhoffen hatten. Es ist ein solcher Apparat und Kriegsmunition darin gefunden worden, daß man leichtlich ein große Armee darmit hett können ausrüsten. Man hatt über die 70 mehren Theil große Stück darab gen Breysach gefüehrt, under welchen das größte Niemands Freundt geheißen. Es ist auch noch in disem Jhar auf Geheiß der Erzherzogin Claudia zu Insbruck zerschliffen und gänzlich ruiniert worden, zu welchem das ganze Landt und die Margräfer selbsten haben helffen müessen; wie sie dann auch in disem Jhar dem Haus Österreich haben müessen huldigen.

Under wehrendter Ruinierung dises sunsten für unüberwindtlich gehaltenen Schlosses ist Pr. Gottfrid selbander in Thennenbach gesessen, und hatt oft auff dem Schloß celebrirt und die hl. Sacramenten abministriert; hatt auch gar vil Sachen droben gefunden und bekommen, welche dem Gottshaus zugehört haben.

Ich selbsten bin auch einmal droben gewesen, als man eben den großen runden Thurm, in mitten des Schloß stehendt, underminiert, und da er auff großen eichenen Glötzen gestanden, mit 6 ganzen Carthaunen über ein Hauffen und in Schloßgraben geschoßen.

Es ist unser Hr. Prälat Adamus in disem Jhar gar vilen Kranckheiten underworfen, und einmal schon schier gar verschätzt gewesen; dieweilen aber ein Wallfart für ihn gen Einsidlen ist versprochen worden, hatt er sich widerumb erholt; also daß er noch fast ein Jhar lenger gelebt, und noch im selbigen Jhar gen Wunnenthal sich begeben und daselbsten ein Abbtissin gesetzt, M. Ursula Auerin genant, von Kiechlinspergen gebürtig.

Und dieweilen er offt in solche Blödigkeiten des Haubts gefallen, daß er nit mehr recht bey sich selbsten gebliben, begab es sich auch, daß wan er allein war, er gantze Paqueten Brieff und Documenten in Ofen geworffen und verbrent, dahero dem Gottshaus nit geringer Schaden erwachsen. Und als er einsmals gefragt wurde, warumb er solches thät, antwortet er und sagt: damit sie den Margräfern nit in die Händ kommen; also muest man Alles aus seinen Augen und Händ thuen.

Nachdem er derohalben noch ein Jharlang in großem Elendt gelebt, ist er endtlich a. 1637 den 15. Junii aus disem Jamerthal verschieden, und verhoffendtlich allen Auserwöhlten zugesellet worden. Er hatt zehen Jhar lang regiert, aber wenig im Friden, sunder in höchster Ruin und Undergang des Landts und seines Closters. Er ist an ihme selbsten ein hochverständiger und hochgelehrter Herr gewesen, und bey allen Ständen in hohem Ansehen; hatt vil Religiosen angenommen und solche Reformation eingeführt, daß wan die Schwedische Desolation nit eingefallen were, dis Closter in dergleichen keinem anderen gewichen were.

Damit man dann wider zu einer neuen Wahl schreiten könne, seind alle Patres, die hin und her in den Ländern zerstreut waren, zusammen gefordert worden; und zu allem Glück die zwehn Patres Edmundus und Hugo aus Franckreich auch ankommen.

Und wie wohlen umb dise Zeit die Schwedische und Weimarische sich wider fast disem Ländlein ernähert, haben wir doch die Leich aus Freyburg gen Thennenbach führen lassen und daselbsten im Capitel begraben, und zugleich auch die Wahl daselbsten vorgenommen. Wir muesten Alles an Essen, Trincken, Kürchengewandt, Hausrath, ja gar Alles, was je von Nöthen gewesen, von Freyburg hindere ins Closter füehren.

Zu disem Acte waren gegenwärtig: der H. Probst M. Georg Baumer von Waldtkürch als Präses; Doctor N. Mayre, Canonicus zu Waldtkürch; Herr Christoph Haas, Pfarrer zu Sigillau als Testes; wie auch Herr Hans Jacob, Subprior zu Oberruet, von Freyburg; item Doctor Münch im Namen des Haus Österreichs; item der Oberst Äscher von Waldtkürch.

Die Wahl ist geschehen den 21. Julii und hatt vil Streit darbey abgeben, weil der Österreicher Abgesandte vil Neues unserem Herkommen und Privilegien zuwider erwecken wöllen; wie dann under Anderen gewest, daß er hatt wöllen wissen, wer erwöhlt seye eh daß die offentliche Proclamation vor dem Convent geschehen, welches ihme aber nit gestattet worden, und hatt sich diser Streit etlich Stundt lang verzogen.

So hatt es auch ein langen Verzug abgeben mit Endung der Wahl, dieweilen keiner, der in der Wahl war, genuegsam Stimmen hatte; dann es mueste auff ein Neues votiert werden; weilen aber keiner von seiner gegebenen Stimm weichen wollte, so ist einhellig beschlossen worden, daß der die mehrere Stimmen hab, der soll alle haben. Ist also die Wahl auff P. Bernard Stolzen kommen, der zwar damalen übel kranck war. Und ist dise Wahl unglücklich ausgeschlagen im Anfang, Mittel und Endt, wie im Nachfolgendten erhellen wird.

Nachdem nun Alles verricht worden, haben wir eylendts wider hinweg und gen Freyburg uns begeben müessen.

Nachdem wir dann also gen Freyburg angelangt, ist gleich ein Unheil übers ander erwachsen; dan neben dem, daß der neue Prälat schon schwerlich kranck war, ist auch der Prior Joannes Schleher, P. Simon Weyer, P. Norbert Eisenring, alle tödtlich kranck worden; P. Edmund, P. Hag und ich bleiben allein noch gesundt. Die Zwehen muesten den Krancken abwarten; ich aber, weilen eben die Ärendt eingefallen, mueste auf dem Feld bei dem Gsindt sein; dann wir ein schöne Ärendt hatten auff unseren Hoffgüteren, nemblich auff dem Münchsfeldt, welches 72 Jüch Acker, mehren Theil mit Waitzen angeseyt gewesen; und ist zwar diselb gleich glücklich eingebracht worden, aber bald darnach dem Feind ganz und gar zu Theil worden.

Nach dem Absterben des Abbts Adam ist auch P. Michael Riegger zu Breysach gestorben, und (wie ich vermein) bey den Augustineren begraben worden. Er war ein gewaltiger gelehrter Mann und lang Bursarius, under dem Abbt Schleher hernach aber Amptherr zu Kiechlinspergen. Im ersten Schwedischen Wesen ist er gefangen worden, und mueste sich mit 200 Reichsthaler Rantzion (Anm. Lösegeld) erledigen; ist letzlich in grosser Armuet zu Breysach gestorben, und (wie ich gedenk) bey den Augustineren begraben worden.

In wehrendtem Ellendt der Krancken (wie oben gemeldet) ist der Feind, nemblich die Weimarische und Schwedische widerumb starck auff dis Ländlin zugeruckt ankommen; haben zu Wittenweyer ein Schiffbruck geschlagen, und seind die Parteyen im Land herumb auch bis vor Freyburg gestreifft. Und wan nit der Johann von Werth (Anm. Vgl. Schreiber, Gesch. der Stadt Freib. Thl. IV. nr. XXXI.) mit etlich Tausend in der Eyl zu Hilff kommer wer, würde der Feind schon selbige Mal für Freyburg zogen sein. Wie dann auch das gemeine Gschrey erschollen und um Mitternacht Bottschaft kommen, daß er albereit über den Rhein und jezund auff Freyburg zu ziehe, welches dan ein solchen Schrecken verursacht, daß schier alle Menschen (ausser der Burger, welche nit hinausgelassen seind worden) aus der Statt auff den Schwarzwald geflohen. Der Prälat und die andere alle bis an mich und P. Simon, flohen in der Oberrüeter Thal. Ich aber wurde zu der Fuehr, nemblich zu dem Wagen, auff welchen wir in der Eyl die fürnembste Sachen geladen, deputiert, und mueste die zwehn Krancke P. Simon und P. Robert Eisenring mit mir hinweg füehren, und war mein Flucht auff den Turner, ein gar hohen Berg. Ich legte damalen auch unser Müller, ein Burger mit Münchkleideren an, und ließ ihn zu den Krancken auff den Wagen ligen, damit er aus der Statt komme. Dieweilen es aber bey Leib und Leben Straff verbotten war, daß kein Burger aus der Statt weichen solle, war ich in großer Gfahr, von wegen des Müller verraten zu werden; dann der Oberst Meister visitierte alle Wägen, wer darauff gefüehrt wurde; und als er auch mein Wagen visitieren wolt, wolt ichs rund nit, sunder sagte, er hab nit Fueg und Macht, die Geistliche zu besuechen; schrie dem Fuhrmann zu, er soll dapfer zu fahren, dann er hatt schon still halten müessen underm Thor. Also erzwang ichs und kam kaumb unbesuecht davon; wann also der Müller erkennt were worden, hett es ohnfehlbar ihme das Leben gekostet und wer mir auch ein Spott angethan worden. Ich hab ihme zwar dise Guethat erwisen, er aber, obwohlen er eine ganze Wurst mit Ducaten umb den Leib gebunden gehabt (wie hernacher kundt geworden), hatt mir nit nur nit Danck dir Gott gesagt, er hatt sich hernach in Freyburg nimmer sehen lassen.

Sobald ich aber aus der Statt auf die gedeckte Bruck beym Schwabsthor kommen, wurd P. Robert ohnmechtig, also daß ich ihn muest ab den Wagen thuen lassen und wider in die Statt tragen, wo er dann auch bald hernach gestorben und bey den Oberüeteren im Creuzgang begraben ist.

Als ich nun in den dritten Tag also auf dem Turner mich mit der Fuehr aufgehalten allwo auch etlich hundert Männer und Weiber und Kinder waren, kam die Bottschafft: daß der Johann von Werth den Feind geschlagen, und wider über den Rhein gejagt, hatten wir wider Lust heimbzuziehen. Da fuehr ich mit dem Wagen Fridenweiler zu ladete daselbsten den Krancken P. Simon ab, desgleichen auch die Sachen auff dem Wagen und kam wider mir den lären Wagen gen Freyburg. Die große Armuet und Noth aber litten nit, daß wir lenger bey einander bleiben kondten, sunder P. Edmund und ich wurden wider gen Wettingen geschickt, die anderen aber bliben noch ein Zeitlang daselbsten.

Da nun der Herzog von Weimar wider im Elsaß war, und kein Widerstand mehr hatte, hausete er nach seinem Belieben im Sundgau, Delsperg- und Frickhenthal, sterckte sich auch hefftig; dann er fandt aller Orten allen Ueberfluß an Pferdten, Munition, Gold und Gelt, dan selbiger Orthen war noch nie einiger Feind hinkommen. Underdessen gieng mit den Krancken im Thennenbacher Hoff zu Freyburg ein solcher großer Kosten auf, daß der Hoff selbsten umb 400 R. dem Apothecker Bruncken verhypotheciert worden; auch ist durch ein Partey der Ochsenzug ausgespannen worden, nemblich vier große Mastochsen bei 200 R. werth.

Ich hatte nun umb dise Zeit das Alter erreicht, daß ich Priester kondte werden; darumb schickte mich der Prälat von Wettingen mit meinem Morimondischen Gwaltsbrieff und anderen Commendatitiis zum Legaten von Luzern, welcher damalen zu Wihl im Turgau war. Allwo ich ihn dann auch angetroffen und examiniert, admittiert worden, mueßte mit ihm gen St. Gallen, dann daselbsten hatt er visitiert und ordiniert. Diß war der 9. September, und hab darnach den 15. October zu Wettingen meine Primitias celebriert.

Da nun die Weimarische also ruhig im Delspergerthal und Sundgau sich befanden und kein Widerstandt wusten, hatten sie sich merklich gesterckt. Und dieweilen der Johann von Werth, als damalen in Kaiserlichen Diensten, und Herzog Savelly im Schwabenlandt im Winterquartier lagen, wollten jene die Zeit nit verlieren, ließen ihnen auch den Winter nit zu rau sein, sunder namen die zwei Waldstätt Seckingen und Lauffenburg ein und belägerten Rheinfelden, welche alle damalen liederlich bewahrt waren. Darauf der Johann von Werth und Herzog Savelly mit etlich commendierten Völckeren dahingeeylt, über die Rheinbrucken und durch die Statt gesetzt, den Feind in der Flucht angegriffen, geschlagen und zertrent. Diß wurd gleich im Schweitzerlandt und allenthalben ausgebreitet, und war bei den Catholischen eine große Freüd. Aber sie werthe leider gar nit lang. Dann gleich den Tag hernach kamb der hinckendte Bott und brachte die leidige Zeitung, daß der Johann von Werth, Herzog Savelly und alle andere Oberste gefangen seyen, uns alles Volck zertrent und geschlagen. Dan indem die Kaiserische nach ihrem Sig sich refräschieren wolten, und sich hin und wider zu Fuoderaschieren zertheilten, hatt sich der Feind wider colligiert und die Generalspersonen mit sampt der Obersten und wenigen Völckeren auff freyem Feld gähling überfallen und gfangen bekommen. Die Statt Rheinfelden gleich auffgefordert und einbekommen; darauff der Johann von Werth und Oberist Enckenfort gen Paris gefüehrt worden; der Savelly aber ist aus seiner Gefangnuß entkommen, und hatt sich salviert. Gleich darauff zog der Feind für Freyburg und fordert es auff; und weilen er vom Obersten Aescher und Bissinger ein wenig Widerstandt fand, stirmbte er hinder den Oberrüeteren, überstieg auch die Mauren, und haute Alles darnider, sunderlich auch die Soldaten und Burger, welche sich in die Oberrüeterkirch retiriert hatten, also daß man das Bluet hernach an allen Wänden, Mauren und Stüelen fandt, und sollen (mein Behalts) darin bey drey Hundert also erbärmbtlich ermördet sein worden.

Wie nun solches geschehen, begehrte man zu accordieren und wurde der Accord versprochen, aber nit gehalten. Dann da der Aescher, vil Studenten und Geistliche ausgezogen, wurden Vile niedergehauen, Vile nackent ausgezogen, geschlagen, gefangen und ist ein Allerheiliger (Anm. Mönch aus dem Allerheiligen – Kloster) Münch lebendig geschunden worden, also daß man Riemen aus seiner Haut gemacht.

Abbt Bernard war in Studentenkleideren verkleidet, ritt hinder des Obristen Aescher Kutschen mit hinaus, wurd aber von einem Reitter ab dem Pferd hinabgeschlagen, also daß er under die Roß gefallen und von einem an die Brust geschlagen worden. Doch erhebte er sich an einem Fueß des Rittmeisters und begerte Quartier. Diser gabs ihm, aber vermeinte, er wer nur ein Student. Da sie nun wider zuruck in die Statt kerten, legte ihn der Rittmeister mitsampt noch einem anderen Studenten, dem er auch Quartier gegeben, in ein Scheuren bis den anderen Tag, und ließ sie verhüeten. Im gemelten Strudel ward auch der P. Simon Weyer hinder einer Hecken bis auffs Hembd ausgezogen; Pater Prior aber und P. Hag kamen in ihren geistlichen Kleideren ungeschediget darvon gen Villingen.

Den anderen Tag schickte der Rittmeister zu diese zwehen Gefangenen, begerte die Ranzion von ihnen (wie vil von jedem ist mir nit zu wissen worden); aber der andere gedachte, daß er ohn ein Ranzion darvon kommen wurde, wan er disen verrathete, daß er ein Prälat were. Namb derohalben denjenigen, der geschickt worden, in der Scheuren auff ein Seits, und sagt, wan ihr wißteten, was ihr da für ein Gfangen hetten, ihr wurden ihn nit so gering ranzionieren, und verrathet ihn darauff. Also wurd der Verähter ledig gelassen, der Prälat wurde zum Rittmeister gefüehrt und vier Wochen lang an seiner Tafel gespeist. Unterdessen aber wurde er umb Tausend Thaler angelangt für die Ranzion. Es wurde dessentwegen durch Underhandlung etlicher Herren starck umb Erlinderung laboriert und der endtliche Schluß letztlich auff vierhundert Thaler beschlossen. Wurd auch solches gleich durch den Secretari N. Netz, dem ein Reitter zugegeben worden, gen Wettingen, den daselbst zusammengeflohenen Thennenbachischen Conventualen zu kundt gethan: daß, wan sie ihren gefangenen Prälaten wolten ledig haben, sollen sie durch gegenwärtigen Zugeschickten die veraccordierte 400 Thaler überliferen und zu Basel in des Kauffherren Türingers Behausung ablegen, wohin auch der gefangene Prälat von Freyburg aus werde gelifert werden. Es waren damalen unser sieben mitsampt dem Prior beysamen, und hielt der Prior gleich Rath mit uns, was in der Sach zu thun were; und weilen wir gar kein Gelt hatten, waren wir gezwungen, abermalen 1000 Gulden beym Gottshaus Wettingen auffzunemmen, welches wir zwar (wiewohl schwehrlich) erlangt, und durch den Schwedischen Reitter, welcher drey Tag lang zu Wettingen auff die Antwort gewartet, dem Rittmeister entbieten lassen, daß er den gefangenen angezeigter Maßen gen Basel liferen solle, das veraccordierte Gelt werde auch innerhalb drey Tagen unfehlbar dahin überbracht werden.

Da nun das Gelt vom Prälaten erhebt, war wider ein schwehre Quästion under uns, wie man nemblich das Gelt sicher gen Basel bringen werde? Solches dem Secretari Netzen allein zu vertrauen, war nit rathsam; war derohalben für rathsam angesehen, daß einer von uns Conventualen mit ihm, und das merer Theil des Gelts, welches von lauter Thaleren war, tragen muest. Da war widerumb die Umbfrag, wer sich darzu wölle gebrauchen lassen? Da war Keiner von allen, der sich darzu verstehen wolte, bis endtlich ich (als dermalen der Jüngste) auffbrach, und sagte: ey, wan dann Keiner daran will, so will ich mich wagen, worin dann Alle mit Freuden consentiert. Ich begerte darauff gleich so vil Zwilch, daß ich ein Leiblein daraus könne machen lassen, das Gelt darin zu nähen und an Leib zu legen; welches Alles geschehen, und bin ich also mit den Secretario darmit gen Basel kommen, wie wohlen wir durch die ganze Schwedische Armee muesten, welche dermalen umb Basel herumb campierten.

Ich kam also in des Kauffherren Türingers Behausung an, und ward von siben Rittmeistern, darunter auch derjenige war, der den Gefangenen under sein Gwalt hatte, freündlich empfangen, und sowol diselbige Nacht, als noch zwehen Tag hernach trefflich wohl tractiert worden. Eben am selbigen Tag, als ich dise Ranzion der 400 Thaleren gen Basel gebracht, kam auch die Freyburger Brandschatzung, nemblich elfftausent Gulden daselbsten an, und waren siben Rittmeister darzu deputiert, solches Bluetgeld zu empfangen, und ward ihnen den anderen Tag in eben des Kauffherren Türingers Haus auch dargezellt. Worauff sie hernach noch auffs aller beste tractiert worden, und Spilleüth gehalten, und mit Dantzen, Springen, Sauffen und Fressen zwehen ganzer Tag und Nacht zugebracht. Bey disem allem mueßte ich zugegen sein, und wurd mir die größte Ehr angethan, mueste auch das Ehrorth am Tisch zu oberst haben; hingegen wurde dem gfangenen Prälaten nit allein gar kein Ehr angethan, sunder er dorffte auch gar nit zur Tafel kommen, ausgenommen ein einigmal, da das Gelt von mir eingehändigt ist worden. Da wurd er aus seiner verschlossnen Kammer hereingefüehrt in zerrissenen weltlichen Studenten-kleidinen, und wurd zu underst an die Tafel gesetzt; als ich aber aufstehen und ihm das Ehrort cedieren wolt, woltens die Rittmeister keineswegs zulassen, sunder sagten, er sey ein Gfangener; es gebür ihm kein Ehr. Ich aber antwortete und sagt, die Ranzion seye schon erlegt, man soll ihn wider auff freyen Fuß stellen. Sie aber sagten, nein, sunder es wird erst Morgens geschehen, und alsdann soll er sich bis umb 2 Uhr in der Statt nit auffhalten; dann wan er sich nur ein Viertelstund lenger aufhalt, soll er wider auff ein neues ihr Gefangener sein. Er dorfft kein Worth an der Tafel reden, und nachdem er kaum ein Halbstund am Tisch gewesen, hießen sie ihn wider fort in sein Kammer gehen.

Da er nun also fort und durch die Kuchen gehen muest, war der Reitter (welcher mit dem Secretari Netz gen Wettingen geschickt gewesen von wegen seiner Erlösung) eben in der Kuchin und redt ihn an. Aber wie er ihn angeredt, ist mir nit zu wissen worden; nur das hatt der Reitter ausgeredt, daß er ihm auff sein Red geantwortet: Was geht’s dich an, du Hund ec. Darauff der Soldat gleich furios worden, und mit dem Dägen heraus, und mit grausamen Scheltworten ihm auff Leib und Leben nachgesetzt. Aber des Kauffherren Frau schrie Mordio zu mir aus der Kuchin in die Stuben hinein mit solchen Worten: Herr laufft, laufft, euer Herr wird erstochen. Ich achtete keins Rittmeisters, sundern stuend gählingen vom Tisch auff, und weil ich anderst nit fortkommen kondt (dan die Rittmeister hatten mich ganz umbsetzt gehabt), sprang ich von freyem über den Tisch hinab, lieff gesprungen dem Soldaten zu, welcher eben mit dem blosen Degen dem Prälaten nachjagte. Ich aber fiel ihn hinden an und hielt ihn zurück, daß wir beede nieder und er rücklings auff mich fiele. Ich schrie, man soll den Prälaten in die Kammer bschliessen, der Soldat aber verschwure sich: er müest ihm sterben, und solt er hundert Leben haben. Ich aber sagte, er soll nur zufrieden sein, es müest ihm ein Discretion für dise Injurie werden. Da sagt er, er müest ihm hundert Thaler geben, oder seins Leben nit sicher sein.

Es ist aber hie zu wissen, daß, als dieser Reitter die drey Tag lang sich zu Wettingen hatt müessen auffhalten, und auff ein Bscheid warten, von den Closterdienern etlich Schmachreden hatt müessen ausstehen, die ihm auch gedreut haben, daß sie ihn wöllen zu todt schlagen, als ein Schwedischen Dieben, welches er mir geklagt (dann es namb sich seiner kein Mensch an, und flohe ihn Jedermann wie ein Teüfel) und gesagt, er wöll dise Schmachen wider am Prälaten rechen. Ich aber namb mich allein seiner an und sagte: Er soll nur ohne Forcht sein, es müest ihm nichts geschehen. Gieng darauff gleich zum Prälaten und zeigte Alles an, worauff er mir den Soldaten befohlen und gesagt, ich soll den ganzen Tag bei ihm bleiben; soll ihn im ganzen Closter herumfüehren, ohne mäniglicher Verhindern; soll mit ihm auff der Abbtey an des Prälaten Tafel essen; soll bey ihm sitzen, soll ihm mit Essen und Trincken zusprechen, welches ich dann auch fleißig gethan, und gar auff Bruederschafft mit ihm getruncken. Solches ihm dann also wohlgefallen, daß er mir mit Hand und Treu versprochen, er wöll mirs wider vergelten die Tag seines Lebens, wo es je die Gelegenheit werde an die Handt geben.

Darumb da er also rücklings auff mir lag, und ich ihn hebte, daß er nit aufstehen kondt, bis ihm der Prälat aus den Augen war, sagte ich: Brueder mein, seyt eingedenck euers Versprechens, welches ihr mir zu Wettingen gethan habt und lasset euch begüetigen. Da antwortet er und sagt: Ja, Herr Brueder, dieweilen ihr mir mein Leben auch gleichsam erhalten und so vil Guets gethan, will ich eurem Prälaten zwar das Leben auch schencken, aber er mueß mir eine Discretion thuen. Ich sagte ja, es müest geschehen; aber er spannte die Saiten so hoch, daß der Prälat nit dran kommen wolt. Da dreüte er ihm wider auff Leib und Leben.

Endtlich übergabs der Prälat mir und dem Kauffherren und brachte ihn von hundert Thaleren bis auff ein Scherpen von achtzehn Thaleren, welche zweymalen umb ihn gehen mueste: Dise waren grühen Doppeltaffet und hatt gleich müessen gemacht werden, die auch der Kaufherr auff Borgs aus sein Laden hergegeben; aber ich hab in disen Accord auch mit eingeschlossen, daß er, der Reitter mich und den Prälaten sicher durch die Völcker bis auff den Schweizerboden hat comitiren müessen, welches dann auch geschehen.

Sobald nun der Prälat auff den freyen Fueß gestellt, hatt er gleich ein Pferdt und Zeug zu einem Rock, Schoppen und Reittmantel bey dem Kaufherren abgehandelet, welches mit sambt der Scherpen und Zeerkösten über hundert Thaler angeloffen, und hatt er, der Prälat, dem Kaufherrn mit einem Schein und Underschreibung eigner Hand und Underdruckung eignen Bittschaffts versprechen müessen, innerhalb 14 Tagen zu bezahlen, welcher dann nach verloffnen solchen fleißig geschickt, das Gelt abzuholen. Dieweilen es aber der Prälat nit hatte, muest er das Pferdt wider hergeben, und das überig kondt er noch von dem kurtz zuvor auffgenommenem Gelt der 1000 Gulden hernemmen.

Ich kann aber da mit Stillschweigen nit übergehen, daß ein Rittmeister, Bissinger genannt, welcher auch zu Freyburg gfangen, und nach erlegter Ranzion, so auch 400 Thaler gewesen sein solle, eben damalen auch auff freyen Fueß gestelt worden, und den Prälaten zu Gast geladen, welcher in dem bischöfflichen Hoff sein Auffhalten gehabt. Der Kauffherr und ich mißrieteten ihms, daß er hingehen solte, dan er möchte sich verweilen oder beweinen, daß er wider in Verhafft möchte genommen werden. Er aber verachtet unseren Rath, gieng seim Kopf nach hin. Es war nun umb 12 Uhr, daß er nit zur Stell kam. Da sagte der Kauffherr, ich wiß ja wohl, daß sein Zihl umb 2 Uhr aus were. Wöll ich nit, daß er widerumb als ein Gfangener ergriffen werde, so soll ich hingehn und ihn zwingen, sich fertig zu machen. Ich gieng hin, kam in bischöfflichen Hoff, begerte, man solle den Prälaten von Thennenbach lassen zu mir kommen. Mir ward zur Antwort: ich soll zu ihm zur Tafel kommen. Ich antwortet hingegen, ich sey nit daher kommen Trincken und Essens willen, der Prälat soll herab kommen. Dis gschahe zum zweitenmal also; endtlich kam er ganz zornig und sagt: Wie ich einem frembden Ort so inportun dörff sein, es sei Zeit gnueg. Ich aber antwort und sag, was? Zeit gnueg? Wist ihr nit, daß ihr innerhalb zwo Stunden aus der Statt muest sein oder wider gfangen? Dieweilen er dann sich nit halt wie ein Prälat, soll er wissen, daß ich ihn auch für ein Prälaten respectiren wölle. Er solt sich ja schämmen, daß er da dem Fressen und Sauffen abwarte und doch wiß, was in großer Gfahr er schwebe. Er soll wissen, wann er wider in Verhafft genommen werde, daß er vom Convent nimmer erlöst, auch für ihren Abbt nimmermehr werde erkent werden. Er hab schon so vil unsägliche Unkösten verursacht, daß ers weder vor Gott noch vor dem hl. Orden werde verantworten können; und wann er nit jetzt und strags mit mir fort gange, wöll ich von ihm hinweg und ihn sitzen lassen. Worauff er nur hinauffgeloffen und sich bedanckt und mir nachgefolgt.

Da wir nun zu Wettingen ankommen, hielt er gleich Rath, was weiters zu thuen werde sein; in unser Closter mehr zu kommen seye kein Hoffnung; in disem Closter Wettingen werde man so Vil unsriger nit behalten.

Und weilen eben damalen zwehen Brieff ankommen, einer von der Landtfürstin Claudia aus Tyrol, und einer von dem Herrn Askanio, Amptman zu Germersheim, worin begert wurd, daß der Prälat von Thennenbach solle ein oder zwehen Religiosen nacher Eussersthal (Anm. Eußerthal, Uterina – Vallis in der Unterpfalz, zu der Diöcese Speyer gehörig. ) ins Closter schicken, solches an Statt der Vertribnen von Lücell zu beziehen. Dieweilen aber auff disen Brieff der Landtfürstin kein Antwort kondte gegeben werden, man wisse dann die Beschaffenheit desselben Closters, aber ein Antworth begert und gegeben muest werden, gieng der Schluß dahin: daß einer oder zwehen dahin geschickt wurden, nemblich gen Germersheim zum Amptman, der das Closter under seiner Gwalt hatte, zu vernemmen alle Bschaffenheit des Closters. Auff solches gschahe die Umbfrag, welcher zu solchem Gschäfft sich wolte gebrauchen lassen. Da war Niemand daheim; ein Jedwederer entschuldiget sich mit der Unmüglichkeit, sunderlich dieweilen selbiger Orthen große Kriegsversamblungen geschahen. Und als endtlich alle einhellig solches abschlagen thäten, brach ich, als der im Closter und Orden der Jüngste war, in dise Red aus und sagte: Wolan, weil sich auch in disem Niemand will gebrauchen lassen, wan mans mir bey der Ghorsame aufftrage, wöll ichs williglich auff mich nemmen. Worauff der Prälat und alle sich erfreut, und seind mir gleich die nothwendige Brieff gemacht worden, wie hernach folgen werden.