Von Morimund kamen wir den ersten Tag gegen Abent in die Statt Chaumont, ein feine Statt auff der Höhe gelegen und ist ein Jesuiter Collegium darin; zu disen Jesuiteren giengen wir, hielten umb die Nachtherberg an, aber vergebens; dann sie sagten, es were bey ihnen nit zugelassen etwar Frembder über Nacht zu haben; aber es gieng Einer mit uns und füehrte uns ins Würthshaus, sagte zum Würth, er soll uns accommodieren, sie wollen es bezahlen. Da er aber von uns hinweg gieng, sagte der Würth: auf sie hin geb er uns nit für ein Pfennig, dann er bekäm nit ein Pfennigswerth von ihnen; muesten also selbsten bezahlen.
Von diser Statt kamen wir noch denselben Tag gen Claravall, und wurden freündlich empfangen und ins Gasthaus gefüehrt; wir hielten an umb die Auffnamb und erhieltens leichtlich. Den andern Tag wurd ich ins Krankenhaus gefüehrt von wegen meinen offnen und verfrorenen Füessen, bis sie mir gehailt wurden, und lies mir der P. Prior ein Par Pantofflen machen, wiewohlen es bey ihnen nit zufällig war, daß die jungen Professen dörfften Pantofflen tragen, darumb dan auch Etliche darüber auffstießen. Aber so bald der Prior solches vernommen, hatt er ihnen ein scharff Capitell gehalten und gesagt, sie seyen Kind des Closter und seyen schuldig die Ordnung zu halten, wir aber nit also; man mög uns Gnaden erweisen (als arme Vertriebene), sunderlich in der Noth, wie diesem geschehe, es gang sie nichts an. Blib also ich vier Wochen im Krankenhaus, bis meine Füeß hail waren. Mein Cammerad aber hatte auch kein Magen da zu bleiben, dann das Frankreich wollt ihm nit gefallen, blib derohalben nur drey Tag und zog von mir hinweg bis gen Populet in Catalonien, blib aber auch nur acht Tag daselbsten und zog wider heraus in das Schweizerlandt.
Mir gfiel alles wohl in dem heiligen Gottshaus Claravall, weilen ein überaus schöne Ordung darin gehalten wurde, die Beschreibung der Herrlichkeit dises Closters brauchte einen besonderen Traktat, über die 80 Priester und Professen waren damalen, 23 Novizen und 52 Convers Brüeder daselbsten.
Nit lang war ich darin, war mir zugemuetet, daß ich auch mein Wochen mit Subdiaconieren verrichten solte; dieweilen ich aber noch gar kein Orden hatte, ja sogar noch nit gefirmbt war, schickte mich der Prälat von Claravall gen Morimund umb Brieff und Licenz aus zu würcken, daß ich Ordines dörffe nemmen; dann weilen ich in Morimundischer Linea Profeß war, wolt er selbigem Prälaten nit eingreiffen, sunder schickte mich zu ihm und recommandierte mich durch Brieff bei ihm.
Da ich nun ankam zu Morimund setze man auf Befehl des Prälaten mit allem Ernst an mich, ich solte widerumb bey ihnen bleiben, sie wöllten mich auffs allerbest accommodieren; aber ich antwortete: ich könne solches nit thuen aus Ursachen, daß ich alle Liebe und Guethaten zu Claravall empfangen, und daß es mir jetzundt nit wohl anstehen wurde, von ihnen hinweg zu bleiben; zudem hett ich noch meine Sachen alldorten und hett kein Abscheid von ihnen genommen noch empfangen. Da mich nun der Großkellner keineswegs überreden kondt (dann er hatt den Befehl vom Prälaten gehabt an mich zu sezen), sagte er zu mir: ihr Herr Prälat sei gesinnt, ein Reformation im Closter einzufüehren nach der Manier der Teütschen, darumb wolt er mich gern darzu gebraucht haben; dieweilen ich aber je nit bey ihnen bleyben wölle, fragte er mich Alles aus, wie es bey uns in Thennenbach beschaffen were gewesen, füehrte mich ins groß Refectorium (welches in vil Jharen nit mehr gebraucht worden, und voller alten Fässeren und Grimpel gelegen) und sagte, der H. Prälat wölle es widerumb ausrüsten lassen und gebrauchen. Ich lobte sein guet Vornemmen, er aber ließ sich vermercken, als wolte er mich zum Novizenmeister oder anderem Ampt gebraucht haben, welches ihm zu diesem Werk behilflich were gewesen. Ich aber entschuldigte mich, ich were noch zu jung zu solchen Sachen; und begerte, daß ich bald möcht mit einem Brieff expediert werden, daß ich könne Ordines nemmen. Er verfüegte sich widerumb zum Prälaten in sein Schlößlin (worin er sich den mehren Theil auffhielt, wie schon zuvor gemeldet worden) und zeigt ihm Alles an; blib auch nit lang aus und bracht mir ein Brieff, daß ich die Quatuor Minores und Subdiaconat dörffe nemmen. Mehreres hatte ich damalen nit begehrt, dann ich war erst 21 Jahr alt. Mit disem Brieff kamb ich wider gen Claravall und schickte mich derselbige Prälat bald darauff gen Langres, ein schöne bischöfliche Statt auf einem runden Berg (wie Breysach) gelegen, ölff Stund von Claravall, die Firmung, die Quatuor Minores und Subdiaconat zu nemmen. Es war damalen auch noch ein Exulant bei mir, Frater Geörg von Schönthal außem Frankenlandt, der auch den Subdiaconat nemmen wolte.
Da wir nun dessentwegen beym Bischoff uns anmeldeten und zu dem Examen berueffen worden, waren zwehn Jesuiter und sunst noch vier weltliche Priester am Tisch beym Bischoff herumb sizend. Der Bischoff namb uns zweh gleich erstlich für, gab dem Fr. Geörg im Mißalbuech ein Evangelium vor; er solls mit anderen lateinischen Worten vertieren; da er etwan zwo Lingen ohne Bschwehrnuß mit anderen Worten vertiert, gab er mirs Buch auch dar. Da fragte ich, ob es dann im Frankreich der Brauch seye, daß diejenige, welche gefirmt sollen werden, müessen lateinisch examiniert werden? Der Bischoff entsetzt sich über dise Frag und sagt: Quid ergo petis tu? was begerst du dann? Ich antwort: Confirmationem et Quatuor Minores. Die Firmung und vier kleine Orden. Er sagt widerumb: ergo tu necdum es confirmatus? quid faciunt Episcopi in tua Patria, quare sunt tam negligentes? das ist: bist du dann noch nit gefirmt, was thuendt die Bischöff in deim Vatterlandt, warumb sein sie also hinfällig? Ich antwortete, die Bischöff weren nit schuldig, sondern ich seye in der Jugend von meine Eltern hinweg und in den Krieg kommen und hab nie Gelegenheit gehabt, daß ich hett können gefirmbt werden. Der Bischoff redt den nechst bei sich sizendten Jesuiter an und sagt: ist es nit ein Wunderding, die Allemang reden lateinisch daher, als weren sie geborene Lateiner. Dieser begert erst gefirmbt zu werden und beede köndten allbereit unsere ungeschikte Bachanten examinieren. Sagt darauf zu uns: geht hin und kombt morgen; es soll Eüch geschehen nach eüerem Begeren.
Den anderen Tag kamen wir in sein bischöffliche Capell und stuend ich zu underst under denjenigen, welche gefirmt wolten werden, deren über die 50 waren, und under ihnen etliche Alte und Edle. Sie stuenden in einem Ring herumb; da nun der Bischoff mit seinen Ministranten in Ring kam, schaute er sich umb nach mir; da er mich aber nit ersahe, fragte er, wo der Religios were? Da zeigte man mich ihme zu underst, und er gieng schnur grad mir zu und firmbt mich zum aller ersten, ließ mir das heilige Oehl gleich abwüschen; er wolt auch nit, daß ich ein Firmbgöttin solt haben, dann er sagte, es gezimb sich nit. Er hieß mich auch hinauff in seinen Chörlin zum Altar kneyen, in der Meynung, mich zu ordinieren; aber under der Meß wurd ihm weh, daß er gar nit ordinieren kondt. Schickt dessentwegen sein Diacon zu mir und entschuldigen und mir sagen, ich soll im nechsten Quatember wider komme, er wöll mir alsdann die Quatuor Minores und das Subdiaconat mit einander geben; mueßten allso alle ungeordiniert hinweg gehn, dann der Bischoff kondte kaum die Meß gar absolvieren, und ward gleich in sein Zimmer gefüehrt.
Also kamen wir ungeordiniert wider gen Claravall und ich mueste doch subdiaconieren, aber ohne den Manipul.
Dieweilen ich dann nun ein Brieff vom Prälaten zu Morimund hatte, daß ich dörffe den Subdiaconat empfangen, vermeinte ich, der Prälat zu Claravall solte ihn mir conferieren, dieweilen die vier erste Prälaten das Privilegium hatten, ihre Geistliche selbsten bis zum Presbyterat exclusive zu ordinieren. Aber der Prälat gab mir zur Antwort und sagt, wan ich seiner Linea were, wolt ers gern thuen, dieweilen ich aber Morimunder Linea sey, so kön ers nit, dan er greift dem Prälaten zu Morimund nit in sein Jurisdiction. Aber er woll ihm dessentwegen zuschreiben und zumalen Meldung thuen, daß er mir noch ein Brieff zuschicke, darin er mir verlaube, auch den Diaconatum zu nemmen. Diser Brieff wurde zwar mir zugeschickt, ob aber der Prälat zu Claravall Licenz erhalten, daß er mich dörffe ordinieren, ist mir nit zu wissen worden. Underdessen aber ernahete sich wider ein Quatember, da gedachte ich wider gen Langres zum Bischoff zu reisen und daselbsten die Quatuor Minores und Subdiaconat zu nemmen.
Dieweilen aber eben damalen die Zeitung kamb, daß der herzog von Fridlandt erstochen were worden von wegen seiner Treülosigkeit, daß er den Kaiser und das Haus Österreich hatt wöllen verdilgen; und daß jezund wider Alles besser werde im Teütschland werden, sunderlich dieweilen der König in Schweden auch in der Litzner Schlacht umbkommen war, gedacht ich, ich wolle auch widerumb heimbziehen in mein Vatterlandt. Dan obwohlen alles liebs und guetes in wehrendter diser Zeit, da ich zu Claravall mich auffgehalten, nemblich ein halb Jhar lang, so ist es doch annemblicher und süeßer in sein eignen Nästlin als in einem frembden zu wohnen, sunderlich weil die Teütschen und Franzosen nie so gar gueten Magen gegen einander tragen. Zudem war mir dises zum meisten beschwehrlich, daß die Mettin und Prim durchs ganze Jhar den mehren Theil auswendig gesungen wurden, kondt ich und auch die anderen Exules nit mit ihnen recht fortkommen, sunder muesten solche schier alle Tag noch einmal repetieren und also 2 mal betten, welches dann uns gar bschwehrlich war. Darumb da die Zeit herzugeruckt, daß ich wider gen Langres solte, Ordines zu nemmen, begerte ich gar die dimissorias litteras von P. Prior (dan der Prälat, damals Dyonisius l’ Argentier genant, war abwesendt), welcher sie mir dan gar ungern gegeben; dan er förchtete, wan ich den Anfang mache, es wurden die andere alle auch wider hinwegziehen (welches dan auch bald darauff geschehen), welches der Prälat bei seiner Heimbkunfft gar übel auffnemmen würde, dan er war ein gar heiliger und frommer Man, und hatte uns Exulanten gar lieb und werth. Endtlich aber, da ich über eins mein Abscheid begert, gab er ihn mir mit großem Verdruß auff folgendte Gstalt.
Frater Franciscus Rongeot humilis Prior Claraevallis Cist. Ord. in Lingonensi Dioecesi, Vicarius Generalis in Spiritualibus et Temporalibus Adi Adm. in Chõ Patris Dni dicti Mñrii de Claravalle Abbatis absentis: Praesentes litteras inspecturis Salutem in Domino. Notum facimus, quod dilectus Nobis in Chõ F. J. Conradus Burger, Religiosus expresse Professus B. M. V. de Porta Coeli in Dioecesi Constantiensi praesentium Lator. Eum laudabiliter et religiose in dicto Claravallis coenobio per menses aliquot degisse suumque praedictum Stabilitatis Monasterium repedare cuperet, litteras commendatitias a Nobis enixe postulavit, cuius benigne precibus annuentes, has ei praesentes, signo manuali subsignatas et sigillo nostro munitas concessimus. Quocirca omnes et singulos Fideles, maximo Patres et Ordinis praedicti Religiosos, omnesque ecclesiasticos viros in visceribus Divinae Misericordiae obsecramus, quatenus, christianae caritatis intuitu, Ipsi dicto fratri apud Illos transeunti, tam in ecclesiasticis sacramentis (si opus fuerit), quam in necessitatibus corporis administrandis, aeternam pro huiusmodi caritatis obsequiis exspectantes mercedem, ab Illo, qui dicit, quod Uni ex minimis meis fecistis, mihi fecistis.
Datum Claraevalli 22. Junii a. 1634. F. Franciscus Rongeot.
Was ich nun denkwürdig in disem herrlichen Closter gesehen, erfahren und gehört, will ich hiemit auch kurzlich perstringieren.
Erstlich ist das Closter groß und weit, mit grossen herrlichen Gebäuen (schier mehrers einer zimblichen Statt als einem Closter zu vergleichen) gebauen; die Kürch wird keiner anderen weichen in der Herrligkeit; es seyndt bei 60 Altär darin; im Priester – Chor über anderthalb hundert Chorstüel; im Brüeder – Chor über die 300; der hohe Altar ist unvergleichlich schön, hinter demselbigen ist S. Bernardi Altar und Grab von weissem Marmel erhöcht, daß man darunter stehn und kneyen kann; des H. Erzbischoffs Malachias beseits gegenüber auff einer Seiten; auff der anderen der Altar und Grab der heiligen Eutropius, Zosima und Bonosus, in welchem auch der halb Leib des H. Sebastian ruhet. Alle drey Gräber sind einander gleich; hinder der Hl. Vatters Bernard ist ein besonderer Capellelin, worin ein Altar und ein Grab, worin des Hl. Vatters leibliche Muetter und Schwester, Aleidis und Humbelina, ruehen. Zwischen disen zweyen Gräberen des Hl. Bernard und seiner Muetter und Schwester hangt eine silberne Ampel von 30 Pfundt schwer, welche erst kurzlich zuevor, eh daß ich dahin kommen, von Genua dorthin geschickt worden, dieweil gemelte Statt im selbigen Jhar von grausamer Pest ist erlöst worden, so bald Hailthumb von des H. Vatters Leib dahin ist gebracht worden; zu diser Ampel wird auch jährlich das nothwendige Öhl von Genua geschickt.
Die ganz Kürch mit sampt dem Thurn, Creüzgang und Schlaffhaus ist mit Bley gedeckt; desgleichen auch noch ein andere Kürch, welche auff dem Kürchhoff steht, in welcher die Gebain von sibenhundert München seind (welche alle under dem H. Abbt Bernard gelebt haben und begraben seind worden), von denen er auch bezeügt hatt, daß sie Alle in der ewigen Glorie leben.
Es ist auch ein gar schöner und großer Lustgarten in disem Closter und laufft ein fischreicher Wasser (die Alba genannt) dardurch; es werden allerley Handtwerker wie in einer Statt von den Convers – Brüederen darin getriben. Es ist auch das gar erste Clösterlin, welches der H. Vatter Bernadus gebaut, noch inner den Rinckmauren, mit sampt dem ersten Schlaffhaus, worin des Hl. Vatters Bettstat noch gesehen wird, worauff nit lang darvor eh daß ich dahin kommen ein vom Teüfel bsessen Weib erlöst worden, die noch im ganzen Königreich nirgent erlöst hatt könne werden.
Auch ist des Hl. Bernardi erste Abbtey und sein Gärtlin sambt einem Schöpfflin (worin er die Cantica Canticorum geschriben) und sein Capellelin (worin er gestorben) noch vorhanden, und nit weit darvon die Begräbniß seines Vatters und seiner zwehn Brüederen Andreas und Bartholomäus.
Gleich außerhalb dem Closter fangt ein grosser Wald auff einer Seiten an, worin etwan ein halbe Stundt weit vom Closter ein Capellelin steht gleich an dem Orth, wo der Hl. Vatter die Epistel in Mitten einem Plazregen underem hellen Himmel hatt schreiben lassen. Nit gar weit von disem Wald in einer Matten ist wider ein große Cappel und darbey ein eingefaster Brun, welche der Hl. Vatter hat machen entspringen, und wird alle Jhar nach Osteren eine Procession dahin gethan und ein Prädig gehalten; es wird ein ganz Faß mit Wein und Broth und Flaisch darmit hinaus gefüehrt und iederman gegeben, wer dahin kombt, deren dan etlich hundert komen. Auff der anderen Seiten des Closters ist auch etwas mehrs als ein halbe Stundt darvon ein Brunn, welchen der Hl. Erzbischoff Malachias hatt springen machen, dahin auch das Convent alle Jhar nach Pfingsten hinaus spazieren geth.
In dem Closter ist auch noch ein Capell, worin ein gar grosser vierecketer, langer und dicker Stein ist, oberhalb rund ausgehölt, daß ein Leib des Menschen füeglich darin ligen kann; in disem Stain ist der todte Leib des Hl. Vatters Bernard gewaschen worden, und da man ihn wider daraus genommen, hatt er sein Schatten also darin gelassen, als leg er noch leiblich darin, und wird auff den heütigen Tag noch also darin gesehen.