Capitel 16. Wie ich mein Wohnung zu Wunnenthal befestiget, und die Thennenbachische Verwaltung darmit versehen.

Dieweilen ich dan die Thennenbachische Documente hoch von Nöten hatte zu Einziehung der Gfällen, mich zu underweisen, gieng ich abermalen gen Breysach zu dem Commandanten und begerte, daß er dem Cammer-präsidenten Zangmeister Befehl gebe, mir den Zugang zu den Thennen-bachischen Documenten zu lassen, und daß ich darvon nemmen dörffe, was ich vonnöten hatte Einziehung unserer Gfällen, welches er auch alsobald gethan und mir ein schriftliche Befehl zu ihm gegeben.

Hie legte ich abermalen einen großen Verdruß bei dem Cammer-präsidenten Zangmeister ein, als der ein böser Margräfischer Lutheraner und Todtfeindt des Gottshauses Thennenbach war; dan er lieber gesehen hette, daß solche Documente seinem Margrafen in die Händt kommen, wie er dan auch nit wenig darvon gezwackt wird haben, dieweilen sie vollkommenlich unter sein Gwalt und Händen gewesen; gleichwohl mueste er mich zwungener Weis darüber lassen.

Da ich nun darüber kommen, sagte ich zum Zangmeister: Herr, ich muest ein Gutweil haben bis ich durchsuche, was ich vonnöten hab; darumb will ich etliche Sachen in den Pfarrhof tragen lassen, damit ich mich darin recht ersehen könne, welches er mir zwar erlaubt, aber mit disem Beding, daß ich nichts aus der Statt tragen soll. Aber indem er von mir hinweg und in die Stuben ging, stieß ich meine Hosen und Hosensäck so voll, daß ich darvor schier nit gehen kondt; aber der Mantel bedeckte mich, daß mans nit wahrnemmen kondt, und ließ darnach alle Erneuerungen (Anm. Abschriften) in Pfarrhof tragen. Den anderen Tag machte ich sie in einen großen Sack zusammen, gieng zu dem Commandanten und begerte ein Paß, darin stuend, daß man mich solte passieren lassen mit Allem, was ich mit mir tragen lasse, unersuecht (Anm. Ohne Untersuchung), was ich auch erlangt, dan diser Baron d´ Oisonville hat mir gar niemalen abgeschlagen, wie bishero genuegsam erschinen, und hernach noch mehrer ersehen wird werden. Hab also ein Weib bestellt, welches mir den Sack nacher Kiechlinspergen tragen muest; underem Thor aber ward das Weib angehalten, und wolten ihr den Sack ersuechen, ich aber wiese mein Paß, auf daß man mich, und wer mir meine Sachen trug, unersuecht und unverhindert soll passieren lassen. Solches sie zwar hoch verdrossen (dan sie waren alle noch Weimarische feindtliche Völcker), daß ich solche Freyheit solte haben. Dises gschahe noch vilmal hernach gleicher Gstalt.

So bald ich mit solchen Documenten nach Wunnenthal kommen, hab ich sie gen Fridenweiler in Saumlegelen (Anm. Kleine, tragbare Weinfässer) führen lassen, und selbsten hinauf convoiert (Anm. Begleitet); von danen hats die Frau Abbtissin ins Schweizerlandt bis gen Baden dem Abbt Bernard überliefert.

In disem 1642 Jhar hab ich den Thennenbachischen Kirchthurm, welcher schon etlich Jhar lang halber abgedeckt gestanden, und in Gfahr des gäntzlichen Einfallens gewesen, widerumb decken lassen; zu welchem Werck mir der Pater Matthäus Herrmeyer von Germersheim herauf zehen Ducaten zum Behilf geschickt. Damalen war Niemandt im Closter Thennenbach, als ein Margräfisch alt Wittweiblin, welches mir alle Tag zwo Melsuppen gekocht, dan sunst hatten weder sie noch ich nichts anders. Ein Büeblin hatte ich auch bey mir, welcher einsmals von oben underem Tach bis auf das stainene Gwölb herab geschossen, über die 60 Schue hoch, und mit ihm ein Kibel mit Märtel, welcher zwar zu Trümmeren zerfallen, der Buob aber (wiewol ich meinte, ich müesse ihn mit dem Besen zusammen schweifen) ist zwar dorten auf dem Angesicht in einer Ohnmacht gelegen, aber da ich ihn aufrichtete und ein Weil auf der Schoß hielt, kam er wider zu sich selbsten. Und über ein halb Stundt, füehrte ich ihn den Thurm und Schnecken hinab in die Abbtey, legte ihn aufs Stroh. Der Einschlaffene, obwolen er ganz blau war, ist doch über ein Stundt wider auf den Kirchthurm kommen, welcher Fall dan ohne Miracul so glücklich nit abgegangen were. Ich hatte 5 Tyroler Maurer, und gab jedem des Tags 12 Batzen; muesten sich aber selbsten beköstigen. Die Sailer zum Grüst entlehnte ich zu Kentzingen. Wir vermeinten vor 4 Wochen nit fertig zu werden, aber ich richtete ihnen dermaßen Alles in die Händt, daß wir in einer Wochen glücklich fertig worden. Ich hatte kein andere Hilf als die zwen Eckelbauren. Rings umb disen Thurm waren zuvor kupferne Käner mit 4 Drachenköpfen, dise waren alle von den Margräfischen Bauren hinweggestolen.

Ich hab kurtz hievor Meldung gethan, wie daß unsere schriftliche Documenten alle auf der Cammer zu Breysach in einem offenem Kasten übel verwahrt, under den Händen und Gwalt des Lutheranischen Margräfischen Cammerpräsidenten Zangmeister gelegen. Gott weiß, was der ketzerische Feind darvon verzwackt hat, desgleichen auch andere mehr, dan sie in keinem verschlossnem, sunder offnem, allen Augen und Händen underworfnem Ort gelegen.

Hab derohalben abermalen das Hertz gefast, eins zu wagen, ob ich sie ganz und gar in meine Händt und Gwalt aus dem Rachen des Wolffs wider bringen köndte. Desgleichen auch unseren ganzen Kiechlinspergischen Hausrath, welcher gen Breysach in Pfarrhof geflehnt gewesen, und aber bey Uebergabe der Stadt vom Hertzog Weimar (vermaledeyter Gedächtnuß) seinem Hofprediger, einem hinckenden Prädicanten, verehrt ist gewesen.

Verfüegte mich derohalben den 9. September gen Breysach; und weilen ich wohl wußte, daß ich da ein harte Nuß aufzubeißen würde haben, und allein nit im Stand würde sein, namb ich derohalben den damaligen P. Guardian der Capuciner, welcher wohl französisch kondt und beym Commandanten d´ Oisenville vil vermochte, und den Dechant H. Hans Geörg Hanselman zu Gehilfen. Welche beede mit mir gangen, und haben wir gleich Alles erlangt, aber mit dem Zusatz, daß ich solches auch beym General Erlach (der zumal mit dem Baron commandierte) begeren solle.

Zu disem gieng ich auch, aber allein, und hatte gleich guete Audienz; aber pacifice in dolo, dan er sagte, er wölls seinem Auditor befehlen, daß er mir mein Sachen erfolgen soll lassen. Ich soll morgens mich bey ihme anmelden; welches, als ichs gethan, sagt er zu mir: der General Erlach hab ihme mit allem Ernst befohlen, er soll mir gar nichts folgen lassen. Worauf ich also bald wider zum Commandanten d´ Oisenville gangen, und ihme solches angezeigt; worüber er fast erzürnt zu mir gesagt: ich soll mich noch ein kleine Zeit gedulden, bis der Erlach in der Stadt nit anwesendt seye, welches dan auch bald geschehen werde. Alsdan soll ich wider zu ihm kommen; er wöll mir gewiß helfen, dan er sey alsdan allein Meister.

Nit lang darnach mueste der Erlach hinweg, dan er zog mit Volck gegen Hohentwiel, dasselbig von der Kaiserlichen Belagerung zu entsetzen, und blib 6 Wochen hinweg. Sobald ich solches vernommen, verfügte ich mich wider hinauf, meldte mich beym Baron an; aber es wolte mir ein Schmach angethan werden von etlichen lutherischen Officieren, eh daß ich zu ihm kam. Dan indem ich den Berg hinauf in die Stadt gangen, giengen drey Officier gegen mir; der eine redt mich drutzig an und sagt: du Münch, wo kombst her? Ich antwort: ich kom von Kentzingen und hab Gschäfften beym Comman-danten zu verrichten. Er fragt, was für Gschäfften? Ich sag, sie gangen mich an, es sey nit vonnöten, das ichs ihme sage. Er sagt darauf was? Du Münch, ich kann dich wohl ins Stockhaus führen lassen, sprach darauf zum Musquetierer, der mich begleitete, er soll mich auf die Hauptwacht führen, welches auch geschehen. Aber der Hauptman, da er hört, daß ich zum Commandanten wolt, ließ mich gleich frey passieren.

Sobald ich zum Baron kommen und ihme angezeigt, warumb ich komb, sagt: Ich kom jetzt recht; ich soll nur Leut bstellen, die mir die Sachen hintragen, wohin ich wöll. Er wöll mir sein Secretarius zugeben mit scharffem Befehl, daß mir sowohl die Documenten ab der Cammer, als der Hausrath vom Prädicanten müessen herausgegeben werden. Da bstelte ich gleich zwey Menschen, die mir die Sachen in Pfarrhof trugen, mit den Documenten hatte es kein große Dificultet, dan der Cammerpräsident Zangmeister, wiewohlen es ihn hoch verdruß, dorfte sich nit widersetzen; aber der Prädicant widersetzte sich starck und sagte, die Sachen seyen ihm vom Hertzog Bernhard Weimar als eroberte Feindssachen verehrt worden; er geb nichts heraus, der Commandant d´ Oisenville sey nit allein Meister, sunder auch der General Erlach; wan diser ihm solches gebüete, so wöll ers hergeben sunst nit, dan er sey sein Hofprädiger. Der Secretair hieß mich da beym Prädicanten warten (bey deme damalen eben der Zangmeister auch zugegen war). Er aber gieng eylendt zum H. Baron, zeigt ihm die Wort des Prädicanten an; der Baron schickt ihn alsobald wider hin mit disem scharfen Befehl, er soll mir also bald Alles beym Geringsten hergeben, oder er wöll ihn noch heutiges Tags aus der Statt verstossen. Da sagte der Zangmeister zum Prädicanten, was er thun wölle; es sey besser er gebs her, als daß er aus der Statt verstossen werde. Darauf er mich und den Secretarius hinauf in sein Stuben geführt, und seim Weib befohlen Alles herzubringen, was in der Verzeichnuß gestanden, die ich bey der Handt hatte, und welche er, der Prädicant, dem Catholischen Pfarrer selbsten hat müessen schreiben und geben, da er die Sachen aus dem Pfarrhof getragen, und ins Augustiner Closter gezogen (dan die Augustiner waren damalen aus dem Closter verstossen, muesten bey den Barfüesseren sich aufhalten, und disen Prädicanten lassen darin wohnen mit Weib und Kinderen). Obwohlen nun der Prädicant und Zangmeister voller Gift waren, ließ doch der Prädicant ein Maß Wein herbringen, welche wir truncken bis Alles hergebracht und hinweg getragen war. Im wehrendten Zusamentragen begerte der Prädicant etliche Sachen, die ich ihme solte lassen, sunderlich die Zwählen, Leylachen und Tischtücher, welche schon alt und zum Theil zerrissen waren, dan sagte er, es geb noch Windlen für seine Kinder. Ich aber gab ihm zur Antwort, ich brauch und hab die Lumpen auch vonnöten; er hab vil Gelt, könne neue kauffen. Unter dem Zinngschürr war auch ein schöne dreyschoppige Kandt, auf deren Deckel ein silberübergült Plättlin war; dise Kandt begerte der Prädicant heftig, ich solts ihm lassen, dan es sey bishero sein Taufstein gewesen. Ich aber gab zur Antwort, dise Kandt sey meines Prälaten Trinckgschürr gewesen; sie müest es widerumb sein.

Da ich nun Alles erlangt hatte nach Wunsch, ließ ich die Sachen alle im Pfarrhof verwahrt liegen, bis ich hernach den Prälaten aus dem Exilio abgeholt, und zu Endingen in unser Haus eingesetzt hab, wie hernach mit Mehrerem wird gemeldet werden.

In disem Jhar wolten die Endinger Herren die Kiechlinsperger Bauren auch under ihr Contribution ziehen, gaben vor, sie haben Befehl solches zu thun von der Breysachischen Regierung; hatten derohalben den Statthalter schon zu sich citirt, und ihm 12 R. monatlich zu liefern auferlegt. Ich aber widersetzte mich und sagte, diß were wider mein Königlichen Brief; sie haben weder Fug noch Recht über unsere Unterthanen; erhielts auch zu Breysach, daß sie mich und meine Bauren muesten unperturbiert lassen.

In disem Jhar gschahe es, daß zwo Closterfrauen Barbara Casparin und Elisabeth Egetterin zu Offenburg bettelten; allda war ein Hauptman, der hatte ein Tochter, dise trug er den Closterfrauen an, daß sie dieselb zu ihnen ins Closter nemmen sollten; er wöll ihnen ein Roß und eine Khue und 50 R. Gelt geben. Die Closterfrauen sagen, sie wöllen ihrer Frau Abtissin solches vorbringen und auffs baldest wider Antwort zurück schicken, welches dan also geschehen. Ich selbsten namb die Müeh und Gfahr auf mich (dan damalen war kein Straß sicher vor den Parteyen), und gieng mit einem Buoben hinab gen Offenburg. Muesten aber durch heimbliche Weg und Wäld auf Geroldseck und Gengenbach zu gehn. Ich machte den Accord, führte das Roß, die Khue mit 2 Sester Korn, und die Tochter mit mir, hieher ins Closter. Das Roß, dieweilen wir kein Fuetter noch Gschürr darzu hatten, verkief ich gleich dem Probst zu Waldkirch umb 50 R. bar Gelt; were wohl mehr werth gewesen, wan es nit stettig und vollfüessig gewesen were. Darnach gleich kieffe ich mit gemelten 50 R. zwen schöne Stier; also bekamen wir ein Zug und Viehzucht; dan auch ich selbsten hab ein Khue und ein Kalbelen im Simonswald an Zinserstanzen (Anm. Rückständiger Zins) bekommen, also daß wir in wenig Jharen etlich Stuck Vihe und guete Nahrung darvon hatten. Das Vihe, welches ich da auf ihrer Weyd und Fuetter hatte, blieb dem Gottshaus Thennenbach eigen, aber interim genoß das Gottshaus Wunnenthal die Milch undt Butter. Also verlief sich angezeigter Massen das 1642 Jhar.

Anno 1643, den 10ten Merzen, ist die Weimarische und Französische Armee vil Tausend Man strack im Breysgau ankommen, über welche der General Guébriant commandierte. So bald sie zu Kentzingen ankommen, ja eh daß sie gar ankommen, kam ein starcke Partey Reiter fürs Closter, wolten mit Gwalt hinein. Ich aber redte zum Thürschelterlin hinaus und sagte, ich mach ihnen nit auf, wir haben Salvaguardi, ich wöll sie gschwind bey der Stell haben. Sie aber sagten, ich soll auffmachen, oder sie wöllen mir den Kopff verspalten, wan sie mit Gwalt hineinkommen. Es lagen damalen zwölff Salvaguardi von Breysach in der Statt Kentzingen; mit disen hatte ich schon zuvor abgeredt, wan ich mit einer Glocken stürmen werde, sollen Etliche heraus zur Hilf kommen! darumb lief ich jetzundt eylendt und stürmbte. Underdessen aber steigten etliche ab den Pferdten, und brachen mit Gwalt in das Hinterporten oder Redstüblin ein; es ist zu wissen, daß selbiger Zeit das schwartz Stüblin nit gewesen ist wie jetzundt, sunder die Überzwerchwand ist gegen dem Gsindthaus und nit gegen der Scheuer gstanden. Sie kamen mit bloßem Dägen in das Haus herin, und trafen die Frau Abtissin und Frau Dienerin an, welche erschrocken gleich vor ihnen auf die Kney nieder-gefallen, vermeinendt, sie würden etwas anders mit ihnen verfahren. Sie sagten aber, sie sollen aufstehen, sie wöllen ihnen nichts thuen, aber den München sollen sie hergeben, sie wöllen ihn in Stucken zerhauen, daß er da dörf stürmen. Die Closterfrauen sagten, sie wöllen ihn suchen, wan sie ihm nichts am Leben wöllen thuen. Einer, der Catholisch war, sagte nein, es müesse ihm nichts am Leben geschehen, wan er selbsten komb, wo sie ihnaber suchen müessen und finden, müest er todt sein. Under disem hatte ich von dem Stürmen nachgelassen, und mich in mein Beichthaus retiriert, und drey Thüren wohl beschlossen. Hingegen ist Einer mir dem bloßen Dägen auf den Chor geloffen, vermeinendt er wird mich noch daselbsten finden. Ein Closterfrau lief ins Beichthaus und wolt übereins, ich solte zu ihnen gehn, sie wöllen mir nichts thuen. Ich aber sagte nein; ich wöll mich nit selbsten den Wölffen in den Rachen stecken. Unter disem Lärm hörten sie, welche noch auf den Pferdten gehalten, die Trompeten auf der anderen Seiten des Wassers starck blasen, ruofen denen im Closter, und ritten eylendts darvon, dan die Armee war ankommen. Da ward ich also wider erlöst. Diser Gschicht halber gieng ein Gsäg aus, und käm sogar ins Schweizerlandt bis gen Rothausen und Eschenbach, daß die Schwedische mich zu Stücken zerhauen haben wie ein Krautkopff, darumb mich die Closterfrauen gemeldter zweyer Clösteren schon für ein Märtyrer hielten und anruefften.

Sobald nun die Armee anfieng durch Kentzingen marschieren, schickte ich die Abbtissin selbsten mit noch einer anderen Closterfrau hinein gegen Kentzingen, daß sie beym General umb ein Salvaguardi anhielten, welchen sie dan beym Schäntzlin vor der Brucken antraffen, zwischen dem General Erlach, der ihm von Breysach aus bis daher entgegen geritten, und einem Major, seinem Vetteren reitendt. Sobald der General Guébriant sie die Closterfrauen ihre Händt gegen ihn auffhebendt gesehen, fragte er den Erlach, was das für Closterfrauen weren? welcher geantwortet, sie weren aus dem nechstgelegenem Closter. Er sagte darauf: ist es möglich, daß noch Closterfrauen können da sein, da doch keine Leut mehr in den Dörfferen seind? Der Erlach gab ihm zur Antwort und sagt: Er habe sie bishero mit Salvaguardien also in der Sicherheit erhalten, welches dem Guébriant wohl gefallen, und er darauf dem Major seinem Vetteren befohlen: er soll mit den Closterfrauen reiten, und sie bewahren; und wan ein Commandant in Kentzingen werde gesetzt sein, soll er ihm alles Ernstes befehlen, daß er das Closter und alles Zugehörige soll schützen und schirmen, so lieb ihm sein Leben sey.

Also blieb diser Major selbigen Tag bis den anderen Nachmittag bey uns, und als bey Tausent in der Statt under einem Obersten- Leutenant einquatiert waren, und er demselben des Generals Befehl dem Obersten- Leutenant angezeigt hatte, schickte er zwen Salvaguardi hinaus ins Closter. Er, der Major, aber ritt gen Endingen in sein Quatier, allwo zwey Tausent einquatiert gewesen. Ich aber gieng zuem Obersten- Leutenant in Kentzingen, und sagte: Es wer uns unmüglich die zwen Salvaguardi zu erhalten, da wir selber das lieb Brot nit zu essen haben; worauf er sie wider in die Statt genommen und gesagt: Er wöll schon verhüten, daß seine Soldaten uns nichts Leids thun müessen. Diser Obersten- Leutenant kondt weder deütsch noch latein; dieweilen ich aber sovil französisch wohl kondt, daß wir einander verstehen kondten, muest ich zuem öffteren mit ihm zu Mittag essen; und muest seine krancke Soldaten zu Beicht hören und versehen.

Es hatt sich auch begeben, daß den anderen Tag, da der obgemelte Major von uns wider hinweg gen Endingen geritten, und in sein affigniertes Quatier wolte, daß er schon ein Capitain darin fand. Er aber wolt ihn nit darin lassen; der Capitain aber wolt nit daraus weichen; da gab es ein solche Verbitterung gegen einander, daß sie einander für die Statt hinaus forderten, zu rauffen. Es folgten Jedem noch zwen nach Ihresgleichen, damit, welcher überwunden wurde, von den anderen zween gerochen wurde. Was gschicht? der Major geht auf sein Widerpart den Capitain los, wird aber gleich durch und durch gestochen; einer von seinen zwen Assistenten wolt ihn rechen, greifft den Capitain auch an, wird aber von ihm auch erstochen; der dritte griff underdessen des Capitains Assistenten einen an, und verwundt ihn. Da sie nun von einander gerissen wurden, machte sich der Capitain aus dem Staub mit seim Fenderichen, dan sein Gegenpart wolt ihn auch todt haben, und setzten ihm nach. Aber der Capitain, der von guetem Adel war, aber weder teutsch noch latein kondt, kam mit seim Fenderich gegen Abent, da es schon dunkel war, außerhalb dem Gottshaus Wunnenthal an, verbarg sich in die Hürst, und schickt sein Fenderich fürs Closter, und begert zu mir, dem Beichtvatter. Ich gieng und fragte sein Begeren. Er redt mich lateinisch an, dan er kondt latein, und begert mit aufgehebten Händen: Ich soll doch ein Gang mit ihm hinaus aufs Feldt, sein Capitain sey draussen in der Hecken verborgen. Er wird auf Leib und Leben gesucht und verfolgt; er hab zu Endingen zwen entleibt, darum muest er sich verbergen, wo er könne. Er sey sein Fenderich. Ich antwort ihm und sag, es mög zwar dem also sein, aber mein Closterfrauen werden schwehrlich trauen, und mich so spat ins Felt nit hinaus lassen wöllen, dan ich möchte gfänglich hinweggefüehrt werden, oder sunsten ein Lebensgfahr ausstehen müessen, oder sie darnach geplündert werden. Er antwortet hingegen und sagt mit weinendten Augen: ach mein Herr, faßt umb Gotteswillen keine solche Gedancken, da, so wahr Gott Gott ist, so wahr ist kein Betrug und mit dem Herrn kein Gfahr bey diser Sach. Nachdem er sich dan hoch und vilfältig verschworen, und nit nachlassen wolte, entschloß ich mich endtlich hinaus zu gehen, wiewohlen die Closter-frauen mirs hefftig wehrten, und die Händt ob dem Kopff zusamen schluegen.

Gieng derohalben mit ihm bis zu der äusseren Straß, da war der Capitain hinder einer Hürst; sobald er mich ersahe, gieng er gegen mir, und fiel bey mir den langen Weg auf die Erden, und sagt auf Französisch: o Herr, erhaltet mir mein Leben. Ich hieß ihn auf Französisch auffstehn und mit mir gehen. Er sagte underdessen, Herr Pater, verbergt mich in euerem Closter, so fest ihr köndt, so lang bis ich Pardon bekom. Ich will euch ein gueten Willen darfüer machen. Ich antwort, am verbergen müeste es villeicht nit fählen, aber an der Nahrung, dan wir haben kein Lebensmittel. Er sagt hingegen, er wöll uns alle ernären, so lang er bey uns sein werde; er wöll nit mit uns, sunder wir müessen mit ihm essen. Er hab 5 Diener und 7 Pferdt, die müessen ihm Tag und Nacht Proviant durch verborgene Weg zufüehren. Ich sagte widerumb, kein Bett können wir ihm nit geben. Er sagt dargegen, er beger nichts anderes, als ein Banck und ein Klotz under den Kopff.

Ich füehrte ihn darauff in mein Beichtstüblin, gab ihm mein Banck und ein Pfulben under den Leib, und ein Kopfküsselin under dem Kopff; die Decke war sein Mantel, und er behilff sich also bey 4 Wochen lang. Gieng kein Tritten aus dem Stüblin, ausgenommen alle Tag auf den Chor, under die Closterfrauen zu der Meß, und dan zum Essen auf die Abbtey. Alle Nacht oder Morgen kam ein oder zwen seiner Knechten, und brachten ein oder zwen Säck mit Proviant Brot, Wein, Butter, Salz, Ancken (Anm. Schmalz), Stockfisch (es war in der Fasten), und andere Sachen mehr. Seine Diener küeffen solche bey den Margetentern, truegens vor die Statt Endingen hinaus, ritten alsdan, etwan einer, bisweilen auch zwen, mit lären Säcken hinaus, als wolten sie fuderaschieren; namen alsdan das Proviant, ritten darmit auf Weisweil, und dan durch den Forchemer Wald gen Wunnenthal. Nit lang darnach, da ich ihn, den Edelman oder Capitain, also in mein Gwahrsame genommen, kamen 4 Officier von Endingen in die Kirch zu uns gen Wunnenthal, da ich eben Meß las und der Capitain oben auf dem Chor bey den Closterfrauen kneyte. Dise waren eben diejenigen, welche dem Capitain auf Leib und Leben nachstelten; dan der Capitain kendte sie gleich und gieng ab dem Chor, ganz still wie die Closterfrauen pflegen, und beschlosse sich in mein Stüblin ein. Nach der Meß aber redten mich die 4 Officierer an, und da sie vermerckten, daß ich französisch verstuend und der Notdurfft nach redete, erzellten sie mir, warumb sie nemblich da weren, und fragten, ob nit etwan ein französischer Capitain daherkommen were; sie suechen ein, der zwen erstochen hette; er sey so und so gekleydet, und sehe so und so aus? Ich antwortet ihnen und sag: Ich wiß nit wer alzeit zu uns kommen sey, seithero die Völcker zu uns kommen seyen. Ich hab nit gefragt, sunder vermeine, sie seyen alle von Kentzingen herauskommen, was zu mir kommen seye. Worauf sie contentiert und begert, dieweil ich so vil französisch könne, daß wir einander wohl verstehen können, und jetzundt die hl. Fastenzeit seye, zu beichten, so begeren sie mir hiermit zu beichten, den sie wissen nun in diser Revier herumb Niemandt zu finden, der sie französisch beichthören hett können, welches ich auch gethan. Und sie mir dan reiche Beichtpfenning, Einer ein Ducaten, die Anderen ein Thaler gegeben; dergleichen seindt hernach noch mehrere von Endingen herab gefolgt, welche bey mir die österliche Beicht abgelegt, und muest ich offtermalen hinauf gen Endingen Beicht zu hören, und auch zu Kentzingen, also daß ich nur Beichtgelt sovil erworben, daß ich mich von Fueß aufs neu hab können kleiden.

Mein Capitain blib also bey vier Wochen in großer Sicherheit, unwissendt Männiglichen in meim Stüblin sitzen, beichtete mir auch, und communizierte bey mir. Underdessen aber, da er also in Angst und Furcht seines Lebens halber bey uns saß, handelten seine Freund, sunderlich sein Fendrich, um Pardon für ihn beym General Guébriant zu erlangen. Den hat er dan auch endtlich erlangt, also daß er vom Fendrich und seinen Dienern mit großen Freuden von hie aus ist abgeholt worden, und von seinem Obersten in sein Quatier ist eingesetzt und auf freyen Fuß gestellt worden.

Aber in der nechsten Nacht, die erfolgt ist, kamb ein Soldat mit zweyn Pferdten umb Mitternacht fürs Closter, klopfft an, und begert zu mir. Jederman erschrack heftig, sunderlich daß ein Pferdt zwar gsattelt und gezaumbt, aber ohn ein Reiter war, und es war ein überaus schön Pferdt. Ich kam mit Verwunderung und auch halber schreckhaft zum Reiter, frag die Ursach seines Herkommens? Er antwort, der Oberst des Capitains, welcher sich hier aufgehalten hab, beger mich zu sehn, darumb schick er sein eigen Leibpferdt und beger, daß ich zu ihm kommen soll in sein Quatier gen Endingen. Ich wuste nun nit, ob dis für gut oder bös anzusehen were; gleichwol wagte ich es, und ritt hinauf, und kam Morgens früe bey seim Quatier an, welches des welschen Krämers Haus war.

Der Oberst lag noch im Bett, jedoch ließ ich mich anmelden; er ließ mich alsobald für sein Bett kommen, fragt mich ob ich der Geistlich sey, welcher sein Capitain also beym Leben erhalten habe? Ich antwort ja, ich hab einen bey mir in meim Zimmerlin behalten, der auf Leib und Leben auch im Closter gesucht sey worden. Er sagt darauf, ich hab da ein Sach verrichtet, man würd in ganz Franckreich kein solchen Geistlichen finden, der solches Werck der Barmhertzigkeit verrichten thäte; darumb wiß er nit, was er mir darumb thuen solle, ich soll etwas heuschen (Anm. Etwas erbitten.). Ich antwort darauf und sagte, allweil der Capitain bey uns im Closter gewesen, hab er uns mit Speis und Tranck erhalten; jetzundt aber, weil wir ihn nicht mehr haben, müessen wir in großer Noth und Hunger leben. Der Oberst sagte darauf, wöll auch gegen uns thun, was er könn; ließ mir ein guet Frühstück geben, und einen großen Sack mit Brot, Dürrfleisch und Speck anfüllen, und muests seiner Diener einer mich wider auf seim Leibpferdt convoyieren, und das Proviant mit mir herab füehren.

Mit disem Wesen wurd ich ganz bekant under allem Volck, also daß die Officierer etlich mal in der Nacht mit Wein, Fleisch und Brot zu mir gen Wunnenthal kamen, und muest ich lustig mit ihnen sein; auch muest ich oft zu ihnen gen Endingen kommen, und hielt mich Einer umb den Anderen zu Gast.

Es sind noch vil andere Sachen verloffen, weilen dise Völker in diser Gegend herumb gelegen, nemblich 14 Wochen lang; welche dieweil sie auch zimblich curios zu sein duncken, will ich noch ein Mehreres vermelden.

Einsmals wurd ich durch ein Kiechlinspergischen Underthanen, Hans Dalck genant, in Eil berichtet, wie daß über die 30 Soldaten in unserem Thennenbachischen Haus zu Endingen im Quatier ligen, und wie sie Alles verschlagen und die Fässer im Keller, und das Getäfer verhauen und verbrennen. So bald ich solches hörte, eilte ich von allen meinen Kräften hinauf. Sobald ich ins Haus kam, fand ich alles wahr zu sein, und daß in einer Kamer ein Feur war, von welchem schon ein großer Trom angangen, also daß, wan ich in einer halben Viertelstund lenger nit kommen were, das Haus auf dem Boden hinweg gebrennt werden konnte, und daß eben 3 oder 4 im Keller an einem 30säumigen Faß die Reiff abhauten, selbig Faß auch zu verbrennen, wie sie dan schon mehr eben in selbiger Größe verbrennt hatten, also daß nur noch zwey von etwa zehn übrig waren. Ich jagte die Schelmen darvon, löschte den brennendten Balcken oder Trom aus, und lieff zum Obersten, deme ich kurtz zuvor schon bekannt worden, klagte ihm mein Anliegen.

Er hieß alsobald mein Capitain kommen, befiehlt ihm mit mir zu gehen, und alle aus dem Haus zu schaffen bis an drey, welche als Salvaguardia darin sollen verbleiben, und Niemandt anders zu ihnen lassen; auch soll er, der Capitain, die Obsicht haben übers Haus und alles anders, was mir und meim Gottshaus zustendig sey.

Dieweilen dan mir auch angezeigt worden (von ebendemselben Dalcken), wie so großer Schaden gschehe zu Kiechlinspergen an unseren Fensteren und Thürgstellen im Hoff, indeme umb wenig Bley willen alle stainene Gstell zerschlagen werden, und sowohl das Bley als auch die eisene Gitter hinweg gestolen wurden; sprach ich den Capitain an, er solle sich so weit bemüehen, und mit mir hinaus gehen, ein Augenschein einzunemmen; welcher es auch gern gethan. Da wir hinaus kommen, fanden wir Alles wahr zu sein; da versprach er mir, so lang sie noch hierumb bleiben, daß er das ganze Dorff under sein Schutz und Schirm nemmen wölt; alle Wochen ein oder zweymal hinaus reiten, oder Diener schicken wölle, die ein Obsehen haben müessen, welches dan auch geschehen, und von derselben Zeit an kein weiteren Schaden mehr verspürt worden. Nach solchem seind wir auch in die Kirchen hinauf gangen, haben auch visitiert, und da wir wider aus derselben giengen, legte er mir ein Ducaten in die Handt, und bedanckt sich nochmalen ganz freündtlich gegen mir, umb die erwisene Guethaten in Erhaltung seines Lebens.

Also hatt ich (Gott allein die Ehr) dise Undergäng auch verhüetet; aber gleich darnach stund mir wider ein schädliche und gfährliche an der Handt; dan es kam mir in großer Eyl von Lichteneck herab die Botschafft vom Commandanten (welcher zwar gar nit unserer Religion, aber doch ein gueter Nachbar gegen mir war), daß siben Soldaten von Endingen vor dem Schloß vorübergangen, welche Glockenspeis tragen, so schwer Jeder, daß er brechen köndte; ohne Zweifel werde es aus meinem Closter Thennenbach sein. Wan ichs ihnen abjagen wölle, könne ichs wohl, dan sie gangen gar langsam; es trag Jeder ohne Zweifel über die 50 oder 60 Pfundt. So bald ich solches vernommen, namb ich nur mein Huet und Stecken, lief gesprungs Hecklinger Mühl zu. Da ich aus den Hecken auf das freye Feldt gegen Endingen kam, sahe ich die siben Glockendiebe, wendte mich gen Riegel, in mitten aller Felderen (dan damalen waren keine andere Weg und Straßen, als was die Soldaten ihnen selbsten der Gräde nach machen), damit ich ihnen vorlief und sie unterem Thor im Eingehen erdappen könne, welches mir auch zum Theil gelungen. Dan, weilen eben damalen ein Leutenant die Wacht hielt, welcher mir wohl gewogen war, erzellte ich ihm, warumb ich da war, und bat ihn umb Hilf und Beystandt, dan es werden gleich ihre Etliche kommen, welche Glockenspeis trugen, von einer Glocken, die sie in meim Closter verschlagen. Er sagt zu mir, ich soll da neben ihn stehn, und wan einer kom, soll ich ihm den Bindel ab den Buckel zihen. Kaum hatt er ausgeredt, da kamb einer daher, und ich saumbte mich nit, zog ihn darnieder mit dem Bindel auf den Boden. Da muest er ihn liegen lassen und lief zurück, den Anderen solches zu sagen, und sie zu warnen. Dieweilen aber gleich noch einer kommen, wolt ich ihm den Bindel auch herabziehen, er aber schrie überlaut und wehrte sich. Da solches die in der Statt hörten, vermeinten sie Lärmen zu sein, kamen in der Gschwinde über die dreihundert mir ihren Gwehren zusamen; und wan mich nit etliche fürneme Officierer umbgeben, und als zwischen ihnen aus den Truppen, und bis zu einem Obersten in sein Quatier beleitet hetten, wer ich schwehrlich mit dem Leben darvon kommen. Der Leütenant ließ den ersten Bindel in des Obersten Haus tragen; der ander Dieb hatt seinen in sein Quatier tragen; aber der Oberst ließ ihn auch holen, und die Dieben ins Stockhaus füehren. Ich that dermaßen letz bei dem Obersten, daß ich weinte, und weder essen noch trincken wolt; Gott geb wie der Oberst mir zugesprochen, und gsagt, wan mirs ganz Closter were verbrennt worden, solt ich nit so letz thuen. Endtlich kam auch der ander Oberst daher, und ritt mit dem Roß für den Tisch in die Stuben; da erzellt ihm der ander Oberst den ganzen Handel. Er tröstet mich und sagt, sie wöllen mir ein schrifftliche Salvaguardia geben, und bey Leib und Lebensstraff, bey der Trommel und beeden Regimentern ausrueffen, daß Niemandt kein Schaden mehr in meinem Closter thun dörfte, welches dan auch geschehen und geholffen, wie hernach Mehreres erhellen wirdt.

Nachdem nun die zwen Obersten mich wider ein wenig ergötzt, mir auch den Salvaguardi- Brieff gegeben, gaben sie mir auch den Glockenspeis. Ich soll ihn hintragen lassen, wohin ich wöll; wan sie den übrigen auch bekommen, soll er mir werden. Ich ließ ihn derohalben in Pfarrhoff tragen, allwo er verbliben, bis entlich daraus widerumb (mit Beyhilff nemblich) ein Glocklin zu Freyburg im Hoff und in der Capellen zu Unserer lieben Frauen zu Thennenbach, und das Schlafhaus Glöcklin zu genanntem Thennenbach ist gegossen worden. Dis gschahe in disem Jhar, da ich dises schreibe anno 1674.

Dem Verlauff weiters zu folgen, als ich den anderen Tag widerumb zu Wunnenthal ankommen, wo All mit großer Angst und Noth erwartenten, was doch mit mir möchte verloffen sein, resolvierte ich mich gleich Leib und Leben zu wagen, und von Wunnenthal aus gen Thennenbach zu gehn, und alle Stiegen und Laiteren zu den Glocken, ja alle Bretter, und Dilen über den Glockenthurn hinab zu stürzen, damit kein Soldat mehr köndte hinauf kommen.

Es war aber damalen ein Man bey uns im Closter Wunnenthal aus dem Gottshaus Thennenbach schon bey 4 Wochen. Diser war des Prälaten oder damalen Abbt Bernhard Stoltzen Stieff Bruder, mit Namen Hans Stoltz von Geeviler aus dem Elsaß beede gebürtig (welcher sich auch etlich Jhar eintzig mit einem Kindt und Kindts Magt wohl gewärmbt); disem sagte ich, er müest mit mir gen Thennenbach helffen, das und das zu thuen. Diser widersetzte sich und sagt, er wöll sein Leben nit so liederlich in die Gfahr geben. Ich ward über ihn auch wegen solchen Worten erbittert, gieng derohalben hinein gen Kentzingen zum Commandanten, und begerte ein Musquetier, der mit mir zur Convoy in mein Closter Thennenbach gienge, ich hab nothwendig etwas zu verrichten, was er mir verwilliget. Ich gieng also allein mit dem Soldaten, welcher ein Franzos war. Ich wußte nit, ob ich vor ihm oder wir Beede vor den Marggräfischen Bauren unsers Lebens halber sicher seien; gleichwohl muest ich ihm zusprechen, dan er zimblich kleinmütig war. Jedoch kamen wir glücklich dahin, und ich befahl ihm, er soll beim Thor drunten bleiben; ich aber gieng auff den Kirchthurm und fand da, die CustodiGlock hinweg, und unser lieben FrauenGlocken mit Saileren auff ein Seiten gespannen und den Schwenckel von der Custodi Glocken darunter ligen, also daß man sie auch zu Stucken schlagen kondt, wan man wolte, oder schon hatt wöllen zerschlagen, und darvon abgeschreckt ist worden. Ich war allein und ohne Hilf, gleichwohl namb ich alle meine Kräffte zur Handt, warf alle Dilen und Bretter, worauf man stehn köndt, außer dem Thurm hinab; löste die Sailer von den Glocken ab, warf sie sambt dem Glocken – Schwenckel hinab, brach darnach die Stiegen, auff denen man vom Gwölb hinauf zu den Glocken steigen muest, ab, und warf Alles über den Thurm hinab, also daß nit mehr möglich war, zu den Glocken zu kommen. Desgleichen thate ich auch auf dem Schlafhaus mit den zwo Schlag Glocken und der Uhr, dan das Thürmlin, welches schön mit Sturtz bedeckt gewesen, war albereit schon auffgebrochen, dieselbige zwo Glocken hinweg zu nemmen.

Nach solchem schwerem Geschäft, und da gar kein Mensch im Closter war, noch ich einige menschliche Hilff hatte, kam ich wider zu meinem Soldaten, der bständig beym Thor verbliben. Underdessen war ihm der Lunten schier gar ausbrennt, gab ich ihm ein alt Stuck Sail für den Schein, schrib mit der Kreyden an das äußere große Thor, Königliche Salvaguardia, und formierte oberhalb ein Galgen. Auff dises hin zogen wir wider auf Kentzingen zu, und gab ich dem Soldaten ein Discretion.

Sobald ich nun wider glücklich zu Wunnenthal ankommen, schaffte ich gleich den vorgemelten Hans Stolzen mit seiner lutherischen Bettel aus dem Closter wider gen Thennenbach, und ist weder dem Closter noch den Glocken von den Franzosen nit einiger Schad mehr geschehen, sunder also erhalten worden.

Aber hingegen von dem einwohnendten Feind desto grösserer; indem alle Schloß an den Thüren abgeschlagen, alle Oerter durchgraben, verborgne, messingne Lichtstöck, Zingschürr, vergrabne Glocken, sunderlich die zwo in unserer lieben Frauen Capellen ausgegraben, verschlagen und verkaufft worden, und durch gewisse Träger von Thennenbach abgeholt und ins Schweizerlandt getragen worden, wie ich nach beschehenen Thaten ererst vom Probst zu Waldkirch berichtet bin worden.

Es haben sich noch ander mehr Sachen verloffen in wehrendtem disem französischem Winterquatier zu Kentzingen.

Einsmals beschloß der Commandant in Kentzingen die Statt gantz und gar, daß Niemandt solt aus und eingelassen werden, ausgenommen die im Closter Wunnenthal; underdessen wurden alle Dörffer weit und breit, ja alle Thäler bis ins Schwabenlandt hinaus von Parteyen zu zwölff, 15, 20, 30, 40, auch 100, 300 und 400 Musquetiereren rein ausgeplindert, die Glocken hinweggestohlen, und sogar die Ettener Kirchen gar umb der Glocken willen verbrent worden. In disem Jammer waren auch etliche Bauren aus anderen Orten zu uns heimblich geflohen, weil sie hörten, daß uns noch so gar nie etwas sunderbar Uebels geschehen. Unter anderen war auch einer von Bleichen (Blochinger zum Zunamen), diser bat mich inständig, ich solte doch ein Gang mit ihm gen Bleiche thun in sein Behausung. Er hab ein gute Kluperten (Anm. Gutes Häuflein.) Gelt im Garten in die Nesseln geworfen. Er förcht, er kom drumb, er wölls wider umb mich verschulden. Ich soll sagen, er sey Closters Knecht; das Closter hab etwas nothwendig dorten ihme Zugehörigs abzuholen. Ich ließ mich entlich überreden, wiewohlen die Closterfrauen heftig dawider waren, fürchtendt, es möchte mir endtlich von einer Partey etwas Böses widerfahren. Ich gieng derohalben mit Licentz des Obersten durch Kentzingen. Was geschicht? Da wir gen Wagenstatt kamen, begegneten uns zwölff Musquetierer mit Raub wohl beladen; der Vorderste riß gleich den Bauren zu sich, und sagt, du muest mir da mein Bürde bis Endingen tragen. Der Bauer erschrack, daß er schier erstarrete; aber ich sagte zum Soldaten, ersoll mir mein Knecht loslassen, oder er soll sehen, was ihm geschehen werde, riß ihn wider aus seiner Handt. Indem wir aber also mit Worten fechten, lief der Bauer von mir ein Rain hinauff, da wolt ihn einer erschießen. Ich aber schrie ihm nach, er soll wider zurück zu mir kommen. Da er wider kam, wolten sie ihn alle zwingen, ihnen einem umb den anderen den Bintel zu tragen, oder sie wöllen ihn erschießen. Ich aber sagte, kombt nur her, ich will mit Euch zum Obersten gen Kentzingen, und ihr solt wissen, daß ich euerem Obersten zu Endingen gar wohl befohlen und bekannt bin; es muest euch saur genug werden, daß ihr mein Knecht also angegriffen habt; wolt also mit ihnen wider zurück. Da redten sie etwas absönderlich mit einander, und giengen fort, ließen auch mich und den Bauren unseren Weg gehen. So bald wir nun gen Bleichen zu seim Haus kamen (welches gantz ausgeplindert war) gieng er zum aller ersten in Garten, greifft in die Nesslen, und zieht ein Bintel Gelt wie ein Faust heraus und sagt, das allein sei sein Anliegen gewesen, dem anderen allem frag er nit vil nach. Auf solches namb er drey neue Bäsen, verbarg ein Sägissen (Anm. Sense) und Pflegel darzwischen, und wir gingen also durch die Statt wider heim, und Vile wunderten sich, daß uns von der Partey nichts Widerwärtigs geschehen sey. Dise Guethat hab ich mit meiner Lebensgefahr dem Bauren erwisen; und doch ist er ein so unverständiger Pflegel gewesen, daß er weder gegen mir noch gegen dem Gottshaus in etwas verschuldet hette, sunder hatt ihm hernach vil Untreü wegen ihren Zinsen zu Bleichen erwisen, als er Haimburger worden, ist also der Name Blochinger an ihme nit vergebens gewesen.

Dieweilen wir da nun solche gefährliche und armseelige Zeiten hatten, kondten wir uns nit mehr bey einander erhalten, sunder waren gezwungen von einander zu ziehen; schickten also drey hinweg ins Schweizerlandt 16. Aprill. Ich namb derohalben ein Musquetierer vom Obersten zu Kentzingen, und gab auch ihnen selber das Geleit bis gen Breysach. Die aber hinweg gschickt wurden, waren, Frau M. Helena Löfflerin, Fr. M. Salome Hochherrin, Fr. M. Elisabeth Egetterin. Da wir nun auff das Endinger Feld kamen, seind bey 4 hundert Man von Endingen her gegen uns kommen; die Closterfrauen erschracken heftig, aber ich und der Musquetierer stärckten sie; sie sollen sich nicht förchten, es werde ihnen nichts Leyds widerfahren. Wir zogen also neben ihnen fort, und waren alle rühig; dise starcke Partey zog bis ins Schwabenlandt zu plinderen, und brachten allerhandt Victualien im Ueberfluß mit sich, deren ich hernach auch zum Theil theilhaftig geworden. Da wir nun gen Breysach kommen und im Pfarrhof übernacht waren, haben sie mir noch einmal gebeichtet, und darnach mit großem Trauren von mir hinweg, und auf der anderen Seiten des Rheins Basel zu, zwo gen Frauenthal, die dritte in Tyrol gezogen; zwo seind nit über ein Jhar, die dritt, nemblich Fr. M. Helenazwey ausbliben, und seind underdessen nur die Gnäd. Frau, die Fr. Barbara Casparin, und Schwester Maria und ich gewesen.

Ich kann da auch nit gar mit Stillschweigen underlassen zu melden, daß kurtz zuvor, eh die französische Armee bei uns ankommen, ein solche Menge und Quantitet Fisch in unserem Closterweyer war, daß allein im vorderen Graben, von der Elz an bis zu dem Anfang des Weyers etlich Centner gewesen, und gefangen worden, und daß weder wir für den unteren halben Theil, noch der Fischer für sein anderen halben Theil, Gschürr gnug haben kondten, solche aufzuhalten, sunder muesten darvon in die Statt verehren, und vil dürren also, daß wir die gantze nechste Fasten darvon zu speisen hatten und noch auff die Osteren gueten Theil aufbehalten hatten, dan wir hatten kein Hoffnung einigen Bissen Flaisch auf die Osteren zu genießen. Aber es fiel anderst aus; dan ein Mauser gieng auf unserer Clostermatten herumb, und erforschte an der Eltz alle Gelegenheiten, und fand ungefer ein Sail an einer felbenen Hecken angebunden, zog an dem Sail, und kamb ein verborgener Fischtrog herfür, und sehr vil Fisch darin. Er wuste nit wem sie weren (dises gschahe am Charfreytag); laufft zum Obersten in die Statt, zeigt ihms an, was er gefunden. Er schickt gleich und laßt sie in sein Quatier holen, berueft die Capitain zu sich und theilt sie under sie aus. Dis gschahe Alles unwissendt unser; aber bald kam der Fischer und sagt, alle unsere Fisch seyen vom Obersten hinweggenommen.

Ich bsindte mich nit lang, sunder lief gschwindt hinein und sagte zum Obersten, warumb er unser Osterlämblin hab lassen hinweg nemmen? Er fragt, was für ein Osterlämblin? Ich antwort, wir haben ein Essen Fisch in der Eltz under einer Hecken verborgen gehabt, welche wir auf die Osteren behalten wollten, solche anstatt des Osterlämblins zu essen, dieweilen wir kein Flaisch würden haben; aber ietz haben wir weder Flaisch noch Fisch. Er sagt, ja man hatt mir Fisch gebracht; ich wust nit daß sie Euer waren, habt ihr dan also Fisch, und macht euch also arm, als hetten ihr nichts zu essen? Ich antwort, hetten wirs nit auf die Osteren gespart, wir hetten sie lengsten nit mehr gehabt. Darauff ließ er die Fisch hertragen, und sagt, da habt ihr sie wider; er beger sie nit; es war ein grosse Blatten voll. Ich antwort, es sey heut Charfreytag, wir essen keine, und weilen sie nit mehr leben, seyen sie bis auf die Osteren nit mehr guet. Er sagt darauff, nun wolan, ich will euch auf die Osteren schon Vorsehung thuen mit Flaisch, seind nur getröst. Schickte darauff am Ostersambstag ein halb Kalb, und mueste ein jeder Officier, welcher auch von den Fischen bekommen, ein Stoltzen geben, einer ausgenommen, welcher mich am Ostermontag darfüer zu Gast gehabt; also seind wir wegen der Fischen wohl befriediget worden.

Aber es wolte uns nit lang darnach dis Flaisch schier gar zu saur werden, dan der Oberst kamb bald darnach heraus mit etlichen Officiereren, begert meiner, da ich zu ihm kommen, gieng er auf die Matten hinters Closter, allwo all unser Vihe auf der Weyd war, nemblich 16 Stuck, zwey Mast Ochsen (aus welchen ich hernach zu Breysach 120 Gulden gelöst), ein schöne tragendte Kalbene, welche gen Thennenbach ghört, wie auch sunst zwo Khüe; das übrige war alles Wunnenthalische Khüe, und Stüerlin. Der Oberst fragt mich, wem dis Vihe sey? Ich antwort, ein Theil ghör disem Closter, und ein Theil dem Gottshaus Thennenbach. Er sagt ich soll ihm die Kalbene zu kauffen geben. Ich antwort, ich dörff nit, sunder ich müest es für Thennenbach aufbehalten. Er sagt, wan ihrs aber thuen müessen? Ich antwort ich wöls nit verhoffen; er gieng mit Zorn von mir wider heimb; den anderen Tag ward er zu Gast geladen gen Endingen von den zwen Obersten alldorten. Nach verrichtem Gastmal kamb er fröhlich heimb, hatte ein stoltz Pferdt umb hundert Thaler gekaufft, und schickte nach mir, ich soll zu ihm kommen mit ihm zu Mittag zu essen. Ich gieng, vermeinendt ich were noch wohl daran bey ihm, dan ich aß alle Wochen einmal oder zwey bey ihm. Da ich nun in die Statt kam, und bey des Salmenwirthshaus vorüber gehn wolt, stuendt der Margententer gegenüber under der Hausthür, (es war des Burgenmeisters Yselins Haus und des Margententer Quatier) und winkte mir. Ich gieng hinüber; er nimmt mich hinder die Stiegen, wo auch sein Frau stuendt, ihre Händt ob dem Kopf zusamen schlug und bitterlich weinte. Der Margententer sagt still zu mir (dan er dorft nit laut reden, dieweilen 5 oder 6 Officier im Gaden Kämmerlin saßen und truncken), o Herr! Geht nit zum Obersten, dan er hatt euch zu Gast geladen, damit ihr nit daheimb seyen; dan zwischen ölfe und zwölfe werden die Officierer all euer Vihe hinweg nemmen; sie sitzen schon heut von morgen an da drinnen, und haben schon über die 9 R. auff Eüer Vihe hin versoffen. Sein Frau sagte auch, o Herr! wie dauren ihr und eure Closterfrauen mich, luegt doch, daß ihrs erretten.

Ich lief auf solches eylendt zum Fischer Martin, bat ihn, er soll gschwind mit dem Schiff zum Thennenbachischen Weyerlin fahren, er müest mir etwas über die Eltz füehren, welches Er auch gethan. Und ich lief eins Lauffens unserer Matten zu, wo das Vihe weydete, und triebs die Matten hinauf zu dem Thennenbachischen Weyerlin hinder die Hecken; und da das Schiff ankam, gab ich dem Fischer die Kalbenen angebunden an einem Strick am Hals, stieß es in die Eltz und darauf alle anderen Stuck; allein die zween Mastochsen kondten wir nit ins Wasser bringen, (die Eltz war damalen gantz ebenländig). Der Fischer fuhr mit der Kalbenen fort hinüber, und alles was im Wasser war, folgte ihm nach. Da sie drüben waren, mueste er mit der Kalbenen wider herüber fahren; da stießen wir den einen Mastochsen mit allen unseren Krefften (dan ein Knecht und ein Magt war bey mir), daß er ins Wasser rutschte und den anderen gleich hernach; da schwammen sie auch der Kalbenen nach, und kamen auch hinüber. Nach solchem holte er mich, den Knecht, und die Magt auch, und ich ließ das Viehe hinauf auf das Schloß füehren, bat den Commandanten (welcher von Breysach her dependierte und diser Völcker nichts annamb), daß ers under sein Schutz und Schirm nam, welches er auch getreülich gethan, wiewohlen er nit unserer Religion war. Darauf ließ ich mich wider hinüber füehren, und aß erst zu Mittag. Kaum fieng ich an, sihe, da kamen etliche Officierer mit 6 Musquetierern ernstlich den Hof herauf getretten und gleich der Matte zu; da sie aber nichts an Vihe fanden, waren sie mechtig entrüstet, ließen die Musquetierer hinder der Closter Mauern warten, dan sie meinten, wir hetten das Vihe in Stall getriben, und werdens etwan umb ein oder 2 Uhren wider auff die Weyd treiben. Die Officierer giengen wieder mit der langen Nasen durch den Hof hinab, und hatten ein groß Gefecht mit den Henden und Armen mit einander. Ohne Zweifel haben sie ernstlich mit einander von der Sach geredt, ob sie nit etwan verrathen seyen worden. Die Musquetierer saßen bis umb 6 Uhr Abents hinter den Mauren, und giengen auch mit leerer Verrichtung heimb. Der Knecht und die Magt muesten umb den Berg herumb grasen (und das wehrte 14 Tag lang) und mueste das Vihe droben im oberen Stall stehen bleiben, und ihnen das Trinckwasser hinaufgetragen werden. Under dessen hatten die Raubvögel den Argwon, dises Vihe möchte etwan under die Vieherdt der Hecklinger gestellt worden sein, darumb kamen bisweilen etliche Soldaten aus der Statt under die Viheherdt. (die allzeit nit weiter von dem Berg auf den Matten weydeten, als daß man mit der Doppelhacken reichen kondte) und fragten, wem das Vihe alles zugehöre? Wan sie sagten dem Schloß und dem Dorff, sagten sie darauf, gelt, und ein gueter Theil dem Nonnencloster? Sie aber die Hirten wusten nichts von diser Sach. Da solches der Commandant vermerckt, schickte er zum Obersten in die Statt, ihme anzuzeigen, wan er mehr Soldaten von den Seinigen under der Viheherdt erdappen werd, wöll er sie erschießen. Er hab kein Gewalt über das, was seinem Schutz undergeben sey.

Also muesten wir uns gedulden, und hatten Gott unendlichen Danck zu sagen, daß er uns so wunderbarlich, gnädig und barmherzig, aus und von diesem Feindt errettet, und das Unserige erhalten hatt. Aber ich war noch nit gar getröst, sunder ich wolte noch mehrer erforschen, wie die Gemüeter des Obersten und seiner Officierer gegen Gottshaus und mir offectioniert weren. Gieng derohalben noch selbigen Nachmittag zu dem Obersten hinein, namb zur Ursach meines Hineinkommens dise, daß ich im Namen der Gnäd. Frauen, und aller anderen demüetigst ob des Gottes Willen anhalten soll umb ein par Sester Moltzer aus der Müli (dan er hatte ihn under seim Gwalt), wir müessen sunst ohne Brot leben. Ich traff ihn im Roßstall an, da man ihm eben sein stolz hundert Thalerische Pferdt sattelte, und er hinweg reiten wolt, da er doch ererst heimbkommen war. Ich hielt ihm mein Bitt vor; er beantwortet sich mit keim Wort. Ich gieng hinweg und stelt mich auf den Platz, wo 16 Stuck und alle Munition für die Armeen stuenden, und er hart neben mir vorbeyreiten mueste. Er kam daher ganz schwirig; ich wolt ihn wider anreden, aber er that, als sehe er mich nit, hebte auch den Huet nit auf, da er mich sunst allzeit gar freundlich complementierte. Von derselben Stund an gieng ich kein Tritten mehr in die Statt, und weder er noch die Officierer mehr zu mir ins Closter. Ich fragte gleichwol ein Officier, wohin der Oberst reit, und warumb er mir so gar kein Antwort geb? Er antwortet mir, er reit gen Endingen, seine geladenen Gästen wider abzusagen, weilen ihm sein Anschlag zu Wasser geworden.

Wir haben auch noch Gott, dem Margententer auffs höchst zu dancken, der mir disen Anschlag entdeckt; wo wird man under vil Tausenten ein solchen Man under den Kriegsvölckern erfinden, welcher sein eignen Gwinn bey Seits setzt, und einem Anderen den seinigen, auch mit seim selbst eigenen großen Schaden befürdert? Dan mir zweiflet nit, daß er wenig Bezahlung wird bekommen haben an dem Wein, welche die Officierer bey ihm als bey ihrem Margententer auf das Wunnenthalische Vihe hin gesoffen haben; dan sie hetten ihm ungezweiflet Vihe an der Bezahlung gegeben, mit welcher ihm selbsten ein großen Nutzen hette schaffen können; nun aber hatt er lieber gar kein Bezahlung wöllen haben, als daß das arme Gottshaus in gäntzlichem Undergang solte gerathen, welches dan leichtlich geschehen würde sein, wan wir kein Nahrung mehr gehabt hetten. Wir hetten ja das Gottshaus gar verlassen müessen und wider in die Frembde ziehn; wan dan bey solchen Durchzügen (wie es noch etlich Jahrlang gewehrt) gantzer Armeen, kein Mensch im Closter were gewesen, wer wolt daran zweiflen, daß es nit gar verbrent oder darnider gerissen were worden? Wan wir zu diser Zeit nit weren im Closter gewesen, weil dises so schwere Winter Quatier gewehrt, wo weren unsere Glocken hinkommen? Dan ist Thennenbach, Ettenheimb, Herbolzheim, Ringsen, und gar vil anderen Orten mehr nit verschont worden, in welchem die Glocken hinweggenommen worden, wie wurd man Wunnenthal verschont haben? Durch mein Gegenwart hab ich auch das Glocklin im Thennenbacher St. Anna Kirchlin erhalten, indeme ich vier Soldaten ab dem Dach vertriben, welche es allbereit herab nemmen wollten.

Aber ich komb noch einmal zue disem obgemelten Margententer. Diser guete ehrliche Man, sobald er zu Kentzingen mit der Armee ankommen, und zu Kentzingen bleiben muest, und sein erst Quatier in der Müli hatt, machte er gleich Kundtschafft zu mir ins Closter. Er hatte siben Kinder, ward von den Frantzosen gefangen in der Schlacht, da der General Lamboi in Niderlandt geschlagen worden, und kondt sich mit mehr rantzionieren. Er hatte ein schöne Khue, die hatte kein ander Fuetter, als sie das Stroh aus dem Müst under ihren Füeßen hinweg fraß, wie ich selbsten gesehen, und gab doch alle Tag fünf Maß Milch. Er offerierte sie mir; ich sollte sie ihm abkauffen; sie daure ihn, daß sie müesse Hunger sterben, und trag darzu ein Kalb. Ich hatte zwar ein Lust zu kauffen, aber ich förchtete, ich möchte gleich wider darumb kommen, aber er überredte mich endtlich, und sagte er woll mir wohlfeil geben. Dan obwohlen sie ihrer kostlichen Art nach 30 R. Werth were, so wöll er mirs doch umb 15 R. lassen. Ich aber wolt nit mehr geben als zwölff R., welches er auch endtlich eingegangen. Wan nun uns (wie hievor gemelt worden), das Vihe genommen were worden, so wer die Khue auch mit sambt dem Gelt hingewesen; also ist da das Sprichwort wahr geworden, wagen gewint, wagen verliert. Ich hab Gott lob die Khue erhalten, und über etliche Wochen ein schön Kälblin darzu gehabt. Mehr gemelter Margententer hatt mir alle Morgen ein halbe Maß Wein geschickt, damit ich Meßwein habe, wie ich dan damalen sunst kein gehabt hette; hingegen muest ich ihm ein Meß lesen, so oft er umb Wein und andere Victualien gen Breysach und ins Elsaß hinüber fahren muest, darumb (wie er selbsten bekent hatt) er allzeit guet Glück gehabt, daß er niemalen geplindert ist worden von den Parteyen wie die andere Margententer. Dan einsmals Neün mit einander gefahren (und er hatt sollen der zehente sein), hatt sich aber seins Meßhörens halber gesaumbt, und hatt darnach müesse allein fahren. Die neün aber seind plindert worden, und um ihre beste Pferdt kommen, disem aber ist nichts geschehn. Da er mit dem Volck von Kentzingen abmarschieren mueste, hinderließ er uns ein Bettpfulben, Sergen, Säck und andere Sachen mehr, also daß er uns ein großer Guethater gewesen.

In disem Jhar 1643 ist die Weimarische und Französische Armee über die drey oder viermal durch Kentzingen rumb und numb marschieret, und seind wir allezeit zu Wunnenthal in höchsten Gfahren geschwebt, sunderlich unseres Vihes halber, darumb ich nur mit einem Buoben solches einmal umb Mitternacht gen Breysach getriben; dan es wohnten damalen noch einige Kiechlinspergische Underthanen daselbsten, deren Einer (Schmidt Kaspar genannt) mir Alles in sein Gwarsame genommen, und zu Nacht in seim Hof, welcher groß war, underem hellen Himmel aufhielt; und das bey 4 Wochen lang. Bey den Herren der Statt aber erhielt ich, daß sie es am Tag mit ihrem Vihe auf die Weyd ließen. Ein anderes mal trib ich es nur mit einem Buoben in der Nacht bis gen Schmühe [Schmieheim], und darnach schier vor Tag durch die wild Wälder und Berg bis gen Geroldtzeck, allda ich vom Burgvogt erhalten, daß er mirs in sein Meyerhoff aufgenommen, und am Tag umb den Berg herumb mit seim Vihe hat weyden lassen, ohne einige Vergeltnuß, außer einem Trinckgelt dem Hirten. Was ich für Gfahren in disen Durchzügen ausgestanden, het ich ein eigen Buch darvon zu schreiben; dan wiewohlen Tag und Nacht die Straßen voller Parteyen steckten, blib ich doch mit meinen Closterfrauen im Closter; bisweilen kondt ich Salvaguardi von Breysach oder Liechteneck haben, bisweilen nit, und wan ich schon hatte, nutzten sie schier so vil wie nichts. Dan einsmals als die ganze Frantzösische und Weimarische Armee durch Kentzingen neben Wunnenthal hinauf marschierte, und ich zwen Salvaguardi hatte, saßen sie nur in der Abbtey Stuben und hielten kein Wacht umbs Closter; under dem Mittagessen aber, als wir alle am Tisch saßen, sagte ich zu ihnen, ich hab zwar Salvaguardi aber keine Wächter; stuend vom Tisch auf (ohne Zweifel aus Antrieb meines Schutzengels), gieng auf den hinteren Gang (der damalen noch gegen dem Beichthäuslin gegen dem Secret war). Da ersahe ich ein starcken Soldaten über die Mauren steigen; ich verbarg mich, daß er mich nit sehen kondt, und luegte ihm zu, wohin er wolt; und sahe, daß er alsgemächlich an der Mauren herschliche, mit einem Rüetlin in der Handt. Hie ist zu wissen, daß ich nit lang vorher vierthalb hundert Gulden in Gold eben in derselben Gegend in der Mauren verborgen gehabt, und mit einem Stain vermauert. Er war kaumb noch drey Schritt darvon, da schrie ich überlaut: ihr Salvaguardi lauffent eylig mit euer Musqueten und schiessent drauf, dan da ist ein Dieb über die Mauren gstigen. Aber ehe daß sie kamen, war es schon wider hinüber. Ich namb darnach mein Gelt wider heraus, weil ich sahe, daß es auch in der Mauren nit sicher were, und gabs der Gnäd. Frauen aufzuheben, welche es in einem Säckelin lange am Hals getragen. Nit lang nach dieser Gfahr, als wir wider beym Essen waren, kamen zwen in unseren äußeren Krautgarten, und hieben Krautköpf ab. Ich sagte zu den Salvaguardien, sie sollen hinablaufen und sie verjagen, aber sie wollten nit. Da lief ich selbsten gsprungs hinab, und schrie schon von weitem: He ihr Dieben, last das Kraut ungstolen. Und da sie sahen, daß ich gsprungs auf sie darlief, liefen sie auch, die Köpflin ließen sie liegen, und flohen darvon. Die Salvaguardie sahen von weitem zu, und lachten meiner, dan ich bracht zwey Krautköpf mit mir.

Ein andermal hatte ich abermal zwen Salvaguardi, und wir waren auch wider am Mittagessen. Da lief Etwar daher und sagt, es stehe ein Reiter mit sambt seim Pferdt dahinden im Creützgang und schau sich umb. Ich ließ die Salvaguardi mit ihren Musqueten mit mir gehen. Dieser Reiter hat hinten zum Wäschthörlin eingebrochen; wir kommen, und er erschrack und sagte: Er hab nit gewust, daß Etwar in disem Ort wohnte; führte sein Roß wider hin wo er herkommen; wir verschantzten darnach das Wäschthörlin besser.

Von Anderem mehr wird in den nachfolgendten Jharen folgen; will hiermit disem 1643ten Jhar auch ein End machen, und zu dem 1644ten Jhar schreiten, in welchem nit weniger denckwürdige Sachen geschehen als in disem 1643en.

Was es nun mit den anderen Patribus umb zwey Jhar lang für ein Bschaffenheit gehabt, ist dise gewesen, so vil mir bewust worden. Der Abbt Bernhard ist zwey Jhar lang in Oesterreich zu Lilienfeld gebliben, und ließen alle andern mich allein in disem Ländlin worgen; P. Benedict Leüthin kam zwar von Underwalden herab, und setzte sich mit einer Köchin und einem Bueben gen Thennenbach, und wollte daselbst ein Haushaltung anfangen, kondt aber weder hotten noch hüsten, sunder zog bald wider hinweg, mocht weder Hunger noch Mangel leiden, noch vil weniger schaffen; setzt sich wider gen Fridenweiler. Nicht lang darnach kam P. Simon Weyer von Fridenweiler (wo er Beichtvatter gewesen) herab, zu erförschen, wie ich hause, und da ihm die Gnäd. Frau und die andere noch anwesendte Closterfrauen erzellten, wie ich Tag und Nacht renne und lauffe, vil Leib und Lebensgfahren für das Gottshaus Thennenbach und ihr Closter (mir ohne Ruhm hieher zu setzen, sunder die Sach an ihr selbsten zu melden) ausstehe, gab er ihnen zur Antwort: warumb ichs thue; es zwing mich Niemandt darzu; ich wöll eben also gesehen und ein großer Hans sein; dis war der Danck meiner Mitbrüederen.

Der P. Simon ist bald darnach zu Fridenweiler gestorben, und P. Benedict Leüthin an sein Stelle kommen, ists aber nit lang gebliben, sunder auch bald darauf gestorben; und P. Joh. Schleher auf ihn aus dem Schweizer-landt dahin bereffen worden.

Anno 1644.

In disem Jhar ist die Weimarische und Französische Armee von dem Johann de Werth aufs Haupt geschlagen worden, nemblich vor Dutlingen, und ist der General Guébriant vor Rothwil im Schwabenlandt todt gebliben.

Der Abbt Bernhard ist aus Österreich wider zu Wettingen im Schweizerlandt angelangt, und bin ich gleich von seim Bruder Hans Stolzen bey ihm fälschlich verklagt worden, als hause ich nit wohl. Darumb er mich im ärgsten Winter zu sich gen Wettingen citiert; bin derohalben den 15. Februar zu Wunnenthal hinweg, und über den Schwartzwald in grausamer Kälte (dann bey Mannsgedencken kein tieferer Schnee solle gelegen sein) gen Wettingen kommen; hab Rechnung geben, bin in allem genuegsam bestanden, hab dem Prälaten 40 R. gelifert, und bin eben in voriger Kälte wider über den Schwartzwaldt nacher Wunnenthal ankommen, und bald darauf in ein starck Fieber gefallen. Der Abbt Bernhard ist wider zu Wettingen im Exilio verbliben.

Nach geschehener Schlacht bey Duttlingen seind die flüchtige Französische und Weimarische Völcker wider ins Breysgau ankommen, und haben wir umb Kentzingen abermalen große Noth und Gfärlichkeiten ausgestanden, sunderlich mit und durch vilerley Parteyen. Dan einsmals um Mitternacht 7 Reiter ankommen, und mit Gwalt ins Closter haben einbrechen wöllen. Wir hatten damalen kein Salvaguardi, und war ich allein ein Mannsperson im Closter; gedachte derohalben mein Hail daran zu wagen, als were ich ein Soldat und Salvaguardi im Closter, und als hett ich noch mehr bey mir. Ich hab mich bey disen gfährlichen Zeiten grau kleiden lassen, also daß wan ich den Rock hinweg that, ich wie ein Soldat gekleidet war. Derohalben gab ich innerhalb im Haus raue Antwort hinaus durch die Thüren, formierte Schwür wie die Soldaten im Gebrauch haben; schrie hinaus, sie solten sich fort drollen, oder ich geb Feur auf sie. Ich redte bald französisch, und lateinisch mit mir selbsten, es war ein Weib bey mir (Els genant), die kondt ein Stimm machen wie ein Man; dise muest mir Antwort geben, welches sie auch meisterlich that. Da aber sie voraussen nit nachlassen wolten, schwur ich bey Disem und Jenem, wan sie sich nit fort machen, wöll ichs über die Mauren herab schießen und that als wolt ich schießen. Da schrie einer, ich soll inhalten, und wan ich ein redlicher Kerl sey, soll ich zu ihnen hinaus kommen. Da sagt ich zum Weib, sie soll den Rigel hinder mir zustoßen, und wan einer bey geringsten etwas wider mich tentieren wölle, sollen sie auf alle Feur geben. Ich gab mir selbsten Antwort, und das Weib trutziglich ja, ja. Trat also hinaus, und hatte meine weltliche Kleider an, wie ein Officierer und ein Bauren Hüetlin auf dem Kopff. Da fragt mich Einer, was Volcks wir seyen, und wie starck; ich antwort, wir seyen unser zehen und von dem Erlachischem Regiment. Sie fragen weiteres, was das für ein Ort were, daß solche Garnison darin lige? Ich antwort, es sey ein Nonnen – Closter; sie antworten: es sey wohl derwerth, daß so ein Hurennest bewart werde; sie kommen eben aus dem Schwartzwald, und haben solch Nest ausgeplindert, aber die Nonnen seyen nit darin gewesen, sunder sitzen im Wald. Wan sie daheimb gewesen weren, wolten sie besseren Raub gemacht haben. Ich frag, wo dis Closter gelegen were? Sie antworten, nit weit von Neustatt: auf dises begerten sie ein Trunck Wein und Stuck Brot: Ich gab zur Antwort: ho! Ihr Cameraden, wir müessen selbsten Wasser sauffen, sie haben kein Wein; da begerten sie Wasser. Ich schrie hinein: last die Magt ein Küebelin mit Wasser und ein Leib Brod bringen; da solches geschehen, fragte ich, was Volcks sie weren. Sie antworten, sie gheren zu der Weimarischen Armee, und wöllen ietz das Landt hinab. Ich frag widerumb, was sie in ihren Säcken füehren? Sie antworten: Speckseiten, Dürrflaisch, allerhand Linwath und andere Sachen mehr, was ihnen gefallen hab. Nach solchem ritten die Meroderäuber wider fort, und vermeinten eigentlich, ich were ein Soldat und Salvaguardi gewesen. Ich hab noch mehrer Mal auf diese Weis zu Nacht Parteyen abgetriben.

Aber ich komb nun weiter und will bald anfangen wider Kaiserisch werden. Jedoch will ich da auch nit verschweigen, daß dise obgemelte Partey ebendiejenige gewesen ist, welche das Closter Fridenweiler spoliert hat, und daß nit lang darnach auch Liechtenthal spoliert ist worden, und etliche Closterfrauen oder Schwesteren (wie mir ein französischer Oberst referiert hat), welche daheimb seind gebliben, gschändet seind worden, und wan alle daheimb weren bliben, es allen also ergangen were worden. Aber den Wunnenthaleren (Gott ewigen Danck), wiewol sie in vilen Gfahren oft gewesen, ist ihnen doch nie etwas dergleichen widerfahren.