Capitel 4. Wie ich in Franckreich gezogen, und was sich darin mit mir verloffen.

Ehe und zuvor ich in Frankreich gezogen, kamen Doctor Petrus und Fr. Bernardus Stolz wider aus den Niderlandt zuruck, und begaben sich wider zu dem H. Prälaten gen Freyburg ins Breysgau, welches damalen wider von dem Duc de Feria (Anm. Heerführer der span. Armee (s. Schreiber, Gesch. d. Stadt Freib. Bd. IV. S. 29)) aus der Schweden Händ erlöst ward. Darumb auch der Prälat mit sampt dem Prior und Fr. Nivard, als der, nach dem Absterben des P. Joannes Meyer zu Stambs, sich wider zum Prälaten begeben, wider zu Freyburg wohnteten; aber nit lang darnach starb der Doctor Petrus daselbsten an der Pest und ward in der Oberrüeter Kürchen begraben; desgleichen der Fr. Nivard zu Thann auch an der Pest, als er sein Muetter heimbsuchen wolt. Der P. Bernhard (der nit lang zuvor Priester worden) ward zu Kiechlinspergen zum Amptherren gesezt, dieweilen der Pater Michael Riegger daselbsten auch gestorben.

Dieweilen es dann zu diser Zeit, nemblich von a. 1634 bis 1636 ein Ansehen hatte, als wöll es im römischen Reich Alles besser werden, und ward im Breysgau wider ein solche Ruh, daß Jederman den Ackerbau widerumb für die Handt namb: Hochburg war von den Österreichischen eingenommen; der Margraf war vertriben, seine Orth und Underthanen muesten sich anfangen zu der Catholischen Religion widerumb bequemen, dann sie hatten schon dem Haus Österreich gehuldiget.

Dieweilen dann der Abbt Adam seel. Gedächtnuß verhoffte, bey so beschaffenen Sachen auch widerumb ein Anfang zu machen, sezte er P. Gottfrid ins Gottshaus Thennenbach; entlehnte 2000 R. zu Wettingen, küeff Roß und Ochsen, bauete die Thennenbachische Acker auf dem Münchsveldt bey Freyburg. Wie es aber hernach abgeloffen, will ich weiteres melden, wann ich mein französische Rais werd ein wenig beschriben haben.

In dem dritten Capitel habe ich gemeldet, wie daß mir von meinem Gdg. Herren Abbt Adam, a. 1633 vor dem Advent ein neüe Obedienz durch den Fr. Benedict Leuthin zugebracht worden, daß ich mit ihme ins Franckreich ziehen solle, was mir zwar nit so gar unangenemb war, dieweilen mir die Abstinenz vom Flaischessen sehr hart ankommen, und nie kein gesunden Tag konnte haben.

Zog derohalben den anderen December 1633 von Altenreiff hinweg mit nachfogendtem Dimissorial Brieff.

Nos F. Guillelmus permissione divina, monasterii B. M. V. de Altaripa Ord. Cist. Dioeces. Lausanensis humilis Abbas, omnibus praesentes inspecturis salutem in Dño precamur.
Tumultus bellici, qui aliquot abhine annis totam Germaniam divexarunt, ubi quam plurimos cuiusvis status homines a patrio solo, ita plerosque Religiosos a suis coenobiis exulare fecerunt: e quorum numero est harum exhibitor Fr. Conradus Burger monasterii Portae Coeli, alias Thennenbach, expresse professus; qui a Suecico milite expulsus, ad nostrum Altaripense monasterium velut ad asylum sese recepit, in quo menses undecim commoratus, non pauca religiosae suae conversationis, pietatis, modestiae et aliarum virtutum, quae juvenem perfectionis acquirendae avidum decent, Nobis et confratribus nostris exhibuit insignia. Rogati vero scriptis a Rmo Dño suo Abbate, ut ei licentiam comitandi suum confratrem F. Benedictum Leuthin Galliam versus proficiscentem daremus, hanc ei denegare noluimus, in cujus rej robur hoc veritatis testimonium haud grave fuit.

Datum Altaripae 29. Nov. a. 1633. F. Guillelmus Abbas.

Sobald wir aus dem Closter Altenreiff zogen, nemblich am anderen Tag December, kamen wir Abents zu einem Schloß, begerten die Nacht Herberg und erlangteten sie; in diser Nacht fiel gleich ein tieffer Schnee. Den anderen Tag giengen wir fort, und kamen gen Abent in ein Berner Stättlin, Orbe genannt, muesten da übernacht bleiben und wurden von den Kezeren hefftig verlacht und verachtet, als die es uns wohl gundten, daß wir vertriben weren. Von disem Stättlin zogen wir dem Burgundischen Gebiet zu in grausamer Kälte und tieffem Schnee, und verweyte der Wind den Schnee in alle hole Weg und Gassen, daß wir offt bis über den Kopff in den Schnee fielen und einer den andern herausziehen muest; endtlich kamen wir über ein hohen Berg in das Burgundisch Stättlin, Jongie genant, wo schon alles welsch war, und giengen ins Schloß, wurden in großer Liebe übernacht gehalten. Den anderen Tag zogen wir fort, und kamen ins Closter Mons S. Mariae genant, unsers Cisterc. Ordens, ein schön Gottshaus, worin die Herzoge von Burgundt begraben ligen. Aus disem kamen wir in das Closter Bellevaux, auch unsers Ordens, dessen Abbt ein Commendatarius (Verweser) und Erzbischoff war, so aber nie im Closter wohnt. In disem Closter ging uns nit wohl, dann weilen die Münche (deren über 6 nit darin waren) kein Latein reden kondten, wir aber nit französisch, flohen und verbargen sie sich vor uns, als weren wir Teüfel; schickten ein Buben, der uns ein Arm voll Holz ins Zimmer bracht, und ein Feürlin bey dem französischen Camin müecht, und für unser Nachtessen war ein halb Maß Wein und jedem ein Ey; das war die ganz Tracht. Ehe es gar Nacht ward, kam ein Pater, klein von Statur, hatte ein Schopen über den Rock an, grüest uns auff Französisch; wir geben auff Lateinisch Antwort, und klagen uns, daß wir zu wenig Essen, Trincken und Holz hetten. Er antwortet mit halb französischen und halb gemördeten lateinischen Worten, er wöll uns mehr zuschicken, und morgens Früe hinaus ein par Hasen fangen und uns besser traktieren. Wir warteten mit Verlangen, aber es wolte weder Essen noch Trincken, noch Holz noch Liecht mehr kommen; wir hatten Hunger und Frost, darumb sagte ich zu meinem Mitgesellen: ich wöll hingehen, und importun sein mit heüschen, und nit nachlassen, bis ich etwas erhasche. Weilen es aber schon ganz Nacht war, muest ich an den Mauren und Wänden mit den Händen herumb kropen. Stig den Schnecken hinab und kamb endtlich in den Creüzgang, gieng an den Mauren einfach durch und sahe in dem anderen beiseites ein Liechtschein, gieng demselbigen zu und kam zu der Kuchin, ersahe drey München darin bey dem Feur sizen. Dise, sobald sie mich ersehen, lieffen hinweg, zu einer Nebenthüre hinein, liessen das Liecht und Alles stehen, nit anders als hett sie ein Gspenst verjagt. Ich aber gieng hinein, namb das Liecht und ein Arm voll Holz, kam darmit in unser Zimmer, und wolt sich mein Mitbrueder halber närrisch lachen. Wir machten das Feür wider an und wärmbden uns bis gegen Mitternacht mit dem hungerigen Bauch, dann das Schopenmänlin bracht uns nichts mehr, und ließ sich auch den anderen Tag mit keinen Hafen Tractierung sehen. Unser Bett war ein Sträusack und ein schöner Umbhang umb die Bettladen, aber im Überigem nichts als ein Sträusack und ein Sergen (Anm. Decke) mit einem Leynlachen und federem Kopffpfulben. Morgens kamb der Bub, machte wider Feür, wir betteten unsere Horas und giengen darnach in die Kürche, warteten lang auff ein Meß. Die Kürche war am Gebau überaus schön und groß, auch mit schönen Altären und Gmählen geziert; aber auff dem Boden als wer sie in hundert Jharen nit gesäubert worden, waren hin und her Grundhauffen Schuehöhe.

Da wir nun lang (nemblich bis umb 9 Uhr) warteten, ob nit etwan ein Gottsdienst oder Meß werde gehalten werden, kamb endtlich Einer aus der Sacristey in unser lieben Frauen Capell, las Meß in solcher Eyl, daß einer nit wohl ein halben Rosenkranz darbey betten kondt, kein Kerz (am Crucifix zweiffle ich) war auf dem Altar, sunder beiseits in einem Loch in der Mauren. Wir ärgerten uns mehr ab diser Meß, als wir Andacht darbei kondten haben.

Gleich nach solcher Meß kam der Prior bey gemelter Capell zu uns (sunst ein ansehenlicher Herr), der sich noch nie hatt vor uns sehen lassen und sagt mit halb lateinischen gemarterten und halb französischen Worten, wir müessen einmal fort und hinweg, dann ihr Abbt und Erzbischoff werd auff den selben Tag ins Closter kommen, und wir seyen in seim Zimmer logiert, sie können uns kein ander Gmach eim geben. Ich ward erzürnt und antwortete auff latein, ob er uns dann für Hünd halte, zeigte ihm meine Füeß, wie ich schon in so langem tieffen Schnee wadtend verforen were, also daß das Fleisch bereit bis auff die Bain an den Versen hinweg gefault, und weder Strümpff noch Schue mehr daran leiden kondte; zu dem seye der Schnee Kney tieff und an vilen Orten gar kein Bahn, und wir wissen ja weder Steg noch Weg. Er bapplete wider dargegen, daß wir ihn kaum verstehen kondten und sagt, dessen alles ungeacht müessen wir fort oder er wöll uns etwas anders weisen; wir sollen uns nur alsobald weg fertig machen; er wölle uns etwar geben, der uns in das Closter, Charité genant, den Weg zeigen müesse. Er wöll uns unser Essen und Trinken geben lassen und wir sollen uns fort machen. Wir giengen darauff wider in unser Zimmer; man bracht uns bald wider Jedem ein Ey, und für alle drey (nemblich für uns zwehn und den Wegweiser) ein Maß Wein; mit disem waren wir abgespisen und kam weder das Schopenmännlin, noch sunst etwar mehr zu uns. Wir giengen also wider hinweg in großem, tieffen Schnee, und ich mit halb blosen Füeßen, dan ich mueste die Schue nur anstreiffen wie Pantofflen, und kondt weder Strimpf noch Schue an den Fersen leiden, dieweilen sie bis auff das Bain verwundt und verfrohren waren.

Da wir nun aus dem Closter waren, kamen wir gleich in ein großen wilden Eichwald, und gieng der zugegebene Wegweiser kaum ein viertel Stündlein mit uns, und lieff gsprungs wider von uns zuruck und ließ uns im Schnee herumb watten, dann es war noch gar kein Bahn gemacht; muesten also mit großem Elend zwo Stund lang watten, bis wir endtlich in ein Dorff kamen. Da fragten wir nach dem Pfarrhof (ich kondt schon etliche Nothwendigkeiten auff französisch fragen, dann ich zu Altenreif schon ein wenig gelernt gehabt); man zeigt ihn uns. Da wir im Hoff für die Fenster kamen, hörten wir drei Spihlleüth und Alles voll und doll; wir melden uns an und schicken unsere Brieff hinauff, und begeren ein Erquickung; aber die Brieff wurden alsobald wider zuruck geschickt, mit Befehl, wir sollen uns fort packen, er hab nichts mit uns zu thuen. Muesten also fort, kondten mit Niemand reden, Niemand wolt uns einige Antwort geben. Da wir aber für das Dorff hinaus kommen, treffen wir vier Männer auf der Strassen an; dise fragte ich auf Französisch den weg ins Kloster, Charité genannt, welches noch ein Stund weit von selbigen Dorff war. Aus disen Männern hatte einer ein Mitleid mit uns, sagt er wöll mit uns gehn, bis wir nit mehr verirren können; gieng also schier eine Halbestund mit uns. Also kamen wir ins Kloster Charité unsres Ordens und fanden ein Patres von Altenreiff darin und den Pater Marmet, den man für heilig hielt. Dise zweh erzeigten uns große Liebe, und ruhten 3 Tag bey ihnen aus. Sobald wir daselbsten ankommen, füehrte man uns Kälte halber zu dem gemeinen Conventfeür (dann sie haben keine Stuben, sunder Camin wie die Franzosen) uns zu wärmen, und sie zeigten es gleich dem frommen heiligen P. Marmet an, welcher dann, sobald er zu uns kommen und uns begrüeßt, sich mit uns zum Feür setzte und weinte aus Mitleiden bitterlich über uns. Und weilen die Gegenwertige über ihn lachteten, hielt er gleich ein scharffe Red wider sie, also daß Einer nach dem Anderen hinweg gieng. Da nun Niemand mehr vorhanden war als wir zwehn, hielt er uns auf Latein ein köstliche Sermon, ermahnt uns zu großer Gedult, daß wir also vom allem vertrieben weren; Gott werd uns schon anderwerts erhalten und uns widrumb zu dem Unserigen kommen lassen.

Nach drey Tag zogen wir wieder weiters gegen dem Kloster Bon-lieu oder Bonus locus genannt, und gab uns P. Marmet das Gleyt und zeigte uns den Weg, bis wir nimmer verirren kondten; und da er den Abscheid von uns name, gab er uns ein Reichsthaler Zeerpfenning und sagt: er sei ihm in einem Dorff geschenkt worden. Es sagte uns auch der von Altenreiff (P. Anton genant), er geb alles den Armen wider, was ihm geschenckt werde, und gäng allenthalben in den Dörffern herumb zu predigen. Dis Closter Charité ist zwar noch ein schön Closter, jedoch leben die Münche nit insgemein, sunder sie haben alle Wochen ihr gwiß Gelt, und mögen selbsten ihr Essen, Speis und andere Nothwendigkeiten kaufen, wie sie wollen, aber doch essen sie mit einander im Refectorio. Der Prior hat uns zweyn Tag von dem Seinigen gespeist, den dritten Tag der P. Marmet und der P. von Altenreiff. Ihr Abbt war der Bischoff von Lausanne, ein Münch und Profeß im Kloster Charité unsers Ordens, dessen Beichtvatter der P. Marmet war.

Es liegt das Kloster Bon-lieu über drey Stund weit von Charité, wir kamen wohl dahin und waren freündlich empfangen, dann es war noch ein rechter geistlicher Abbt und kein Commendatarius. Dis Kloster war zwar klein, wie schier ein Capuciner Closter, aber war ein feine rechte Disciplin und Ordnung darin.

Von Bon-lieu zogen wir auf Charle-lieu, oder Caroli-locus genannt, ist zwar vor disem auch ein herrliches Closter gewesen, aber jezund auch mit einem Commendatario verderbt; da gschahe uns nit vil Guet und waren nur veracht und ausgägzt, daß wir vertrieben seind worden.

Wir müechen nit vil Rast da, sondern zogen auf Besancon zu, ein gewaltige Statt; und dann auf Dôle; daselbsten ist ein Seminarium unsers Ordens, aber arm, und waren nur übernacht darin. Von dannen zogen wir auff das Closter Villarium zu, unsers Ordens, (ist nit das in Niderlandt), vom selbigen gen Morimond, wohin dann unser Obedienz lautete. Dis Closter ist das viert nach Cisterz, und das viert under den vier ersten Clöstern, welche von Cisterz ausgangen seind; ligt an den Gränzen Franckreich und Lothringen, vor Zeiten ein herrlich schön Gottshaus, aber zu diser Zeit schier gar ohn Ordung, wie aus Mehreren zu erkennen sein wird.

So bald wir darin ankommen, wurden wir zwar aufgenommen, aber über die Maßen übel accomodiert; dann es wurde jedem gleich ein Cellen angewisen auff dem Dormitorio, ganz zerrissen, ohne Fenster, ein Wällen Stroh und ein dinne Serge wie die Tischsergen war das Deckbet, zwey schlechte Leynlachen; beyneben war ein unleidenliche große Kälte, ein scharfer Lufft, und konnten wir uns niemals recht wärmen; dann sie hatten kein Stuben, sunder nur ein Camin, um welches Füer die Alten saßen und kein Junge darzu gelassen wurden, bis die Alte darvon giengen. Und wurd uns gleich anbefohlen (auch schon in der ersten Nacht unserer Ankunfft), in die Mettin zu gehen; welche, dieweilen sie alle Nacht gesungen wurd, allzeit auffs wenigst drey Stund lang wehrte; dann sie hatten noch die gar lange Lectionen. Da wurd ich, je mehr und mehr übler verfrört, indem ich mit bloßen verwundten Füeßen also in den Chor Tag und Nacht gehen mueste, mich niemalen recht wärmen kondt, und sogar im Bett nit halber gedeckt war. Sie hatten weniger Erbärmbnuß über uns als über ein Hund.

Mit dem Essen gieng es folgender Gstalt her: uns zwehn ward das Essen mit einander in einem Schüsselin gegeben, und weilen sie kein Gemüeß gebrauchen wie wir in Teutschlandt, sunder an Fastägen nur mit Fischen und Eyeren speisen, ward uns zu Mittag ein Omulet von zweyn Eyeren gegeben, und ein Suppenbrüe, welche wir selbsten einschneiden mueßten. Und weilen sie weder Löffel noch Messer vorlegen, müesten wirs gleich wohl mit den Fingeren ausklauben, und wie das Wasser austrinken. Ein klein Gläslin (wie insgemein bey uns die Kölchgläslin seind) mit wenig Wein war jedem einmal eingeschenckt. Zu Nacht nie nichts warmes, sunder nur ein Gläslin mit Wein und ein Mütschelin Brodt. Weilen nun aber es uns unmüglich war, mit so Wenigem uns zu vergnüegen lassen, (dieweil wir als Teütsche wohl müesten gessen haben), beklagteten wir uns gleich über dises; da wurd uns gleich ein grössere Schüssel dargestelt, aber nit mehr darin gethan als zuvor in die kleinere, und noch ein Gläslein mit Wein ward zu gethan. Sie, die Conventualen, wurden zwar auch schlechtlich genug tractiert; aber gleich wohl hatten sie dise Unordnung, daß, welcher wolte sein Portion auff behalten, der dorfft es thuen. Darumb hatte ein Jeder im Refectorio ein bschlossnes Känsterlin, und hebte es auff; welche es dan also auffgehebt hatten, die schlupften hernach nach Mittag in ein Winckel zusamen, und verzehrten es; am Convent Tisch aber assen und trancken sie nichts; der Tischleser, wan er ein Lingen oder zwo gelesen hatte, schwieg er ein halb Viertelstundt wider still.

Auch hatten sie disen Mißbrauch, daß wann Einer im Chor zwey oder dreymal gefählt hatte, muest er den anderen Tag ein Disciplin haben, darumb, dieweilen die jungen Professen im Latein gar übel bestuenden, lieffen sie uns allenthalben nach, zu fragen, wie sie eins oder das andere Wort aussprechen müessen. Als wir dann etliche solche schandtliche Mißbräuch nit leiden mochten, und sogar übel tractiert und accommodiert waren, entschlossen wir uns von dannen hinweg und gen Claravall zu ziehen. Giengen für das Priorat, forderten den Prior zu uns heraus, welcher sich aber lang geweigert zu kommen, dann er scheüchte das latein reden, weilen so wohl er als alle andere solches gar schlechtlich kondte. Da wir aber mit Anklopfen verharreten, ward er erzürnt, legte die schwarz Chorkutten an (dann er brauchte bald die schwarz bald die weiß, wie der Prälat), sezt ein Paret auff und über dasselb das Capuz und hatte also ein Kopf so groß als ein Sester; trat also zu uns herab uns sagt, was Ursachen wir so importun seyen? Wir antworten, diser und diser Ursachen willen, und sagen, wir können und wöllen nit mehr also hündisch gehalten werden. Der Prälat hab uns versprochen, er wöll uns wie Teütsche mit Essen und Trincken halten lassen; wöll uns auch besser bedecken lassen; nun aber gschehe solches nit; wir müesten den bitteren Hunger leiden und zu Nacht aller verfrieren, wir ligen eben als lägen wir under dem hellen Himmel; wir werden eben gehalten wie die Hünd. Auch mißfallen uns die Unordnungen ganz und gar übel; wo es in der Regel standt, daß wann einer zwey oder drey mal im Chor fähle, ein Disciplin haben solle? wo es geschrieben seye, daß die München ihre Portion in Essen und Trinken sollen reserviren und hernach außer der zeit unordentlicher Weis in den Winklin mit einander verzeeren? Diser und noch vil anderer Ursachen halber können und wöllen wir nit mehr bei ihnen verbleiben, sunder wöllen wider hinweg. Der Prior schwieg zu allem stockstill, endtlich sagt er: Er kön uns auff dies Alles lateinisch nit antworten, dieweil, sie nit gewohnt seien lateinlisch zu reden; gleichwohl bracht er sovil heraus, daß er halb französisch, und mit halb lateinlischen Böcken uns so vil zu verstehen gab, er wölle es dem h. Prälaten berichten; wir sollen noch bis morgens warten (dann der Prälat wohnte den mehren Theil außer dem Closter in einem Schlößlin); welches wir zwar gethan, aber seind nit mehr weder in Chor noch ins Convent gangen. Mornderigen Tag empfing der Prior vom Prälaten den Bscheid: wann es je möglich seye, soll er uns hindhalten und soll uns alle Verbesserung versprechen; wir aber sagten, es seye uns schon einmal versprochen aber nit gehalten worden, es wurde uns widerumb also ergehen; wolten also nit mehr bleiben, sunder zogen fort Claravall zu.